Wasser lieben – Leben retten Jahresbericht 2020

Liebe Leserinnen, liebe Leser, das schreckliche COVID-19-Virus hält die ganze Welt in Atem, so auch uns in der Deutschen Lebens-Rettungs-Ge- sellschaft (DLRG). Fast das gesamte vergangene Jahr war geprägt von der furchtbaren Corona-Pandemie. Die DLRG hatte wie alle Menschen der Welt unter den erschwerten Bedingungen zu leiden. Wir halten inne und gedenken der Corona-Opfer, sind mit unseren Gedanken bei ihren vielen Angehörigen und Freunden. Auch innerhalb unseres großen Verbandes ha- ben wir Mitglieder verloren, hochmotivierte und engagier- te Ausbilderinnen und Ausbilder wie auch Einsatzkräfte. Ich danke ihnen für ihre verdienstvollen ehrenamtlichen Tätigkeiten für die Gesellschaft. Im vergangenen Jahr konnten wir nicht wie in all den Jah- ren zuvor eine unserer ganz wichtigen Kernaufgaben, die Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung, in gewohn- ter Form nachgehen und erfüllen. Besonders darunter leiden unsere Kleinsten, unsere Kinder, denen wir nicht lehren konnten, sich sicher im Wasser zu bewegen. Allein wir als größte Schwimmausbilderin neben den Schulen in Deutschland haben rund 70.000 bis 100.000 Kinder nicht zu sicheren Schwimmern ausbilden können. Diese drama- tische Entwicklung lässt mich mit großer Sorge in die Zu- kunft blicken. Unsere Einsatzkräfte haben wir auf die möglichen Folgen aufmerksam gemacht und darauf vorbereitet. Sie alle, und das waren im vergangenen Jahr über 41.000 Kräfte bun- desweit, trainierten und bewiesen ihre Rettungsfähigkeit. Sie alle haben mit geeinten Kraftanstrengungen die Sai- son mit Bravour gemeistert – ob an den Badeseen oder den Küsten von Nord- und Ostsee. Sie standen bereit, um das Badevergnügen der an die Gewässer strömenden Be- sucher zu sichern und in Gefahrensituationen sofort zur Stelle zu sein. Insgesamt haben sie im Jahr 2020 wenigs- tens 901 Menschen das Leben gerettet. In 28 Fällen ge- fährdeten sie ihr eigenes Leben, um das eines anderen zu retten. 24.747-mal haben die Rettungsschwimmerinnen und Ret- tungsschwimmer der DLRG Menschen besondere Hilfe in über zwei Millionen ehrenamtlich geleisteten Stunden zu- kommen lassen. Über das gesamte vergangene Jahr be- trachtet, brachten es unsere freiwilligen Retter auf rund sechs Millionen Stunden – ein beträchtlicher gesellschaft- licher Beitrag, gänzlich uneigennützig und freiwillig. Für diese erbrachte Leistung danke ich den Mitgliedern von ganzem Herzen und ermuntere sie, diese Motivation auch in diesem Jahr nicht zu verlieren. Es kommt in der anste- henden Saison eine große Herausforderung auf uns zu. Die Menschen zählen auf uns. VORWORT Mit großer Sorge beobachte ich außerdem die Entwick- lung der Mitgliederzahl. Sie ist im Vergleich zum Vorjahr um über vier Prozent gesunken. Viele dieser knapp 24.000 Menschen sind aus der DLRG ausgetreten, weil ihnen die Grundlage für das Vereinswesen, die Zusammenkünfte, die Ausbildungen in den Schwimmbädern, entzogen wurden. Ich sage an dieser Stelle allen, die sich mit dem Gedanken beschäftigen, aus ähnlichen Gründen der DLRG den Rücken zu kehren: Bleibt bitte bei uns, bleibt eurer örtlichen DLRG treu, denn sie brauchen euch als Mitglieder, sie brauchen auch eure Beiträge, denn die sind neben den Spenden die Haupteinnahmequelle der Kameradinnen und Kameraden vor Ort – vor Ort bei euch. Die Zahl der Mitglieder ist gesunken, gestiegen ist dage- gen die Zahl der Förderer. Mittlerweile können wir auf über 1,1 Millionen Spenderinnen und Spender zählen. All un- seren Mitgliedern und Förderern danke ich sehr, dass sie sich für unsere Arbeit nicht nur interessieren, sondern sie tatkräftig unterstützen. Außerordentlich bedanken möchte ich mich an dieser Stelle auch bei unserem Kooperations- partner, der Beiersdorf AG mit ihrer Marke NIVEA. Gerade in derart schwierigen Zeiten wie der Pandemie zeigt sich die Bedeutung von jahrzehntelanger Zusammenarbeit und Treue zueinander, ja sogar Freundschaft. Meinen herzlichsten Dank Achim Haag Präsident Jahresbericht 2020 3

Podcast #012 Podcast #026 VERBAND m o c . e b o d a . k c o t s - e fi a r g o t o F - e n n a z e C : o t o F Herausforderung Pandemie DLRG in der Corona-Krise E nde Februar 2020. Überall in Deutschland sind Ehrenamtliche in den Gliederungen der DLRG damit be- schäftigt, Kindern das Schwimmen beizubringen. Rettungsschwimmer werden ausgebildet oder trainieren für die kommende Sommersaison. Auch Material, Fahrzeuge und Stationen werden langsam für den Wasser- rettungsdienst fit gemacht. Auf den Mitgliederversammlungen wird das Jahr 2019 beschlossen. Zu dieser Zeit ist das Corona-Virus SARS-CoV-2 schon keine Un- bekannte mehr. Am 27. Februar bilden Innen- und Gesundheits- ministerium des Bundes einen Krisenstab. Gut zwei Wochen später wird das gesamte öffentliche Leben erstmals lahmgelegt. Für die Aktiven in der DLRG heißt das in der Folge: kein Training, kein Ausbildungsbetrieb, keine Veranstaltungen und ganz neue Formen der Freizeitgestaltung. gangs- und Tagungsbetrieb der DLRG Bundesakademie im Bun- deszentrum in Bad Nenndorf aus. Zahlreiche Gliederungen fol- gen oder haben sogar schon zuvor für ihre Veranstaltungen auf ähnliche Weise entschieden. Bei den zunächst angedachten vier Wochen bleibt es nicht. Auch nach dem ersten Lockdown fi nden Lehrgänge und Tagungen kaum statt. Der gesamte Ausbildungs- betrieb kommt im zweiten Halbjahr erneut völlig zum Erliegen. Bei der Ortsgrupppe Bad Zwischenahn (Niedersachsen) laufen am 13. März morgens die letzten Vorbereitungen für die Jahres- hauptversammlung am Abend. Blumen werden gekauft für lang- jährig verdiente Mitglieder, die geehrt werden sollen. Während des Tages kündigt Bundesland um Bundesland an, Schulen und Kindertagesstätten zu schließen. »Wir hatten gedacht, wir können die Versammlung noch über die Bühne bringen und das vergan- gene Jahr abschließen«, erinnert sich der Leiter der Verbands- kommunikation, Ralf Zimmermann. »Während des Tages ist im Vorstand dann der Gedanke gereift, dass wir uns das nicht er- lauben können.« So wird die Veranstaltung kurzerhand abge- sagt. Vielen Gliederungen ergeht es ähnlich, auch wenn sie meist mehr Vorlaufzeit haben. Ebenso werden andere Veranstaltungen reihenweise abgesagt. So setzt beispielsweise das Präsidium Mitte März den Lehr- Bereits am 6. März sagen die Verantwortlichen für den Rettungs- sport auf Bundesebene die Deutschen Senioren-Meisterschaften im April in Wuppertal mit über 2.000 geplanten Teilnehmern ab. In der Folge geschieht das auch mit weiteren Großveranstaltun- gen, darunter die Weltmeisterschaft in Italien und der Internatio- nale DLRG Cup in Warnemünde. Statt Training, Ausbildung und Miteinander im Verein lautet fort- an die Devise Abstand halten, Hände waschen und zu Hause blei- ben. Die Zeit nutzen die Mitglieder teilweise, um sich kreativ in den sozialen Medien zu betätigen. Einige posten unterhaltsame Tipps für das Schwimmtraining auf dem Trockenen, andere neh- men am Online-Hit »Klopapier-Challenge« teil. Doch die DLRG wäre nicht die DLRG, wenn ihre Mitglieder in einer solchen Aus- nahmesituation nicht nach Möglichkeiten schauen würden, sich aktiv einzubringen und mit viel Engagement anderen zu helfen. Jahresbericht 2020 5

VERBAND gut vorstellen, Ausbildungsteile auch in einer Zeit nach Corona digital durchzuführen. Auf diese Weise habe die außergewöhn- liche Situation dazu beigetragen, sich zukunftsorientiert weiter- zuentwickeln. klärt Einsatzleiter Frank Villmow. Das werde aber nicht so blei- ben und an den warmen Tagen zeige sich, dass es die Menschen in großen Scharen an die Badestellen treibt. Bei der DLRG Bad Zwischenahn beginnen die Mitglieder im April damit, sich regelmäßig in Videokonferenzen zusammen- zuschalten. Neben dem allgemeinen Austausch stehen auch Ausbildungsinhalte wie die Blaulichtunterweisung auf dem Programm. Und es wird über Corona geredet. »Da gab es viel Redebedarf,« stellt Initiator Nico Reiners aus dem Vorstand fest. Allein deshalb habe man die wöchentliche Runde beibehalten. Und auf dem Wasser? Am Zwischenahner Meer beginnt die rund 500 Mitglieder star- ke Ortsgruppe normalerweise Anfang April mit dem Rettungs- wachdienst. Dieser wird 2020 zunächst auf einen Bereitschafts- dienst begrenzt, um die Infektionsgefahr zu reduzieren. »Nur dafür eingeteiltes Personal darf auf die Station; das sonst so rege Miteinander nebenher entfällt,« berichtet Reiners Vor- standskollege Ralf Zimmermann. Wenn die Pieper Alarm schla- gen, sind anfangs alle damit ausgestatteten Helfer da. Zimmer- mann: »Alle sind hungrig und haben Lust, was zu machen. Das hat sich aber schnell eingespielt.« Direkt im April haben die Wasserretter bereits mehrere größere Einsätze mit beteiligten Segelbooten zu verzeichnen. Dass diese und andere Wassersportler gar nicht erst die Ge- wässer aufsuchen sollen, fordern viele Gliederungen öffentlich. Auch der Bundesverband wendet sich Anfang April mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit: »Bleibt an Land und geht nicht aufs Wasser,« lautet der Appell, den jedoch nicht alle be- folgen, wie viele Einsatzberichte belegen. r e m e o F s i n e D : o t o F Zu Ostern waren die Wasserretter in Berlin noch weitgehend allein auf der Havel unterwegs. Dass änderte sich in den Wochen und Mo- naten darauf. Anders stellt sich die Situation um Ostern auf der Havel in Ber- lin dar. So leer haben die Lebensretter, die die Zentralstation des Landesverbandes am Pichelssee besetzen, die Wasserflä- chen zu dieser Zeit wohl noch nie vorgefunden. »Normalerwei- se starten die Wassersportler dann mit ihren Aktivitäten. Doch da die Vereine ihre Boote wegen der Verordnungen nicht zu Wasser bringen konnten, blieb der Ansturm diesmal aus,« er- Angesichts von Reisebeschränkungen und möglicherweise lan- ge oder dauerhaft geschlossenen Freibädern fürchten die Was- serretter im ganzen Bundesgebiet ein Ausweichen auf die oft nicht bewachten Freigewässer. Zu ihnen gehört auch der Prä- sident der DLRG Bayern, Ingo Flechsenhar: »Die Anziehungs- kraft der Seen, Weiher, Teiche, Flüsse und Bäche wird in diesem Jahr noch steigen, weil viele den Sommer im Inland verbringen werden.« Die Lebensretter in Bayern appellieren daher an die Bürger, sich umsichtig zu verhalten und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Die Stationen werden in Bayern Mitte Mai besetzt, die Personalstärke wird jedoch auf das Nö- tigste reduziert, damit der vorgeschriebene Abstand zwischen den Helfern sichergestellt werden kann. Außerdem sind die Schnell-Einsatz-Gruppen rund um die Uhr einsatzbereit. Auch überall sonst im Land starten viele Rettungsschwimmer im Frühjahr zur gewohnten Zeit oder etwas verspätet in die Saison – in der Regel ausgestattet mit persönlicher Schutzausrüstung wie Masken, Desinfektionsmittel und mehr. Corona und die Folgen Von diesen und weiteren Schutzmaßnahmen begleitet, be- streiten über 41.000 Rettungsschwimmer der DLRG den Was- serrettungsdienst im Sommer (mehr dazu im Bericht ab Seite 21) – pflichtbewusst, aber angesichts der Infektionsgefahr nicht sorgenfrei. Auch in anderen Aufgabenbereichen tut sich ab dem späten Frühjahr wieder etwas. Schwimmausbildung, Erste- Hilfe-Kurse, Ausbildung in der Einsatzpraxis und manches mehr wird allmählich wieder möglich – unter Auflagen und zumeist mit einem umfangreichen Hygienekonzept. Von Normalzustand kann jedoch keine Rede sein. Mit der zweiten Welle im Herbst kommt dann erneut alles zum Erliegen. Zum Jahresende sind die Folgen der Corona-Krise für den Ver- band und die Menschen, die von der ehrenamtlichen Arbeit der DLRG profitieren, längst noch nicht genau abschätzbar. Mit der vorliegenden Jahresbilanz treten einige dieser Folgen jedoch deutlich zu Tage. So sind die Ausbildungszahlen im Schwim- men und Rettungsschwimmen dramatisch eingebrochen. Auch Ersthelfer und Sanitäter konnten viel weniger aus- beziehungs- weise fortgebildet werden. Ebenso ist die Zahl der Lehrgänge in den verschiedenen Bereichen der Einsatzausbildung merk- lich gesunken. Weniger Aktive konnten somit für die ehrenamt- liche Arbeit qualifiziert werden und auch die Ausbilderkapazi- tät ist zum Teil bereits leicht rückläufig. Viele Lizenzen müssen dringend verlängert werden. Mit diesen Entwicklungen einher- gehend erhöht sich womöglich das Gefahrenpotenzial in den kommenden Sommern an den Gewässern. Zudem muss die DLRG einen Mitgliederrückgang um rund vier Prozent hinneh- men, der sich vor allem in den Altersgruppen der Kinder und Jugendlichen niederschlägt. »Sorgen macht mir eine Genera- tion, die Ehrenamt nicht mehr lernt, die nicht herangeführt wird, weil im Moment nichts stattfindet,« so DLRG Präsident Achim Haag zur gegenwärtigen Situation. Die DLRG werde künftig gefordert sein, die Grundlagen dafür zu legen, dass Ehrenamt weiter ausgeführt wird. Jahresbericht 2020 7

VERBAND Jahresende aus, doch mit der Veröffentlichung der Ergebnisse des Projekts »Bäderleben« wurde im Herbst ein weiterer Mei- lenstein erreicht. Das vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft geförderte Projekt der Hochschule Koblenz, das von der DLRG aktiv unterstützt wird, soll endlich eine verlässliche Bestands- aufnahme der Bäderinfrastruktur bereitstellen und unter Bür- gerbeteiligung für mehr Planungssicherheit in der prekären Schwimmbadsituation sorgen. Projekt Bäderleben Wie viele Bäder gibt es eigentlich in Deutschland? Wie sind diese ausgestattet? Und wie entwickelt sich der Bestand? Die- se Fragen stellt sich die DLRG seit Jahren. Schließlich sind die Schwimmbäder die Basis ihrer Arbeit. Ohne diese ist praktisch keine Schwimm- und keine Rettungsschwimmausbildung möglich. Für eine bedarfsge- rechte Ausstattung mit Bädern braucht es jedoch zunächst ver- lässliche Antworten auf diese Fragen. Diese wollten Projekt- leiter Prof. Dr. Lutz Thieme und sein Team von der Hochschule Koblenz finden. Das formulier- te Ziel: eine valide Datengrund- lage zu schaffen, die für alle öffentlich und frei verfügbar ist. Die benötigten Daten liefern sollten die Gesund- heitsämter, die in regelmäßigen Abständen die Wasserqualität in den Bädern, für die sie zuständig sind, kon- trollieren. Das betrifft nicht nur öffentliche Hallen- und Freibä- der, sondern zum Beispiel auch Lehrschwimmbecken, Therapie- becken in Kliniken oder auch Pools in Hotels. Glücklicherweise erfolgte diese Abfrage noch vor der Corona-Pandemie und so akquirierten Prof. Thieme und sein Team eine beträchtliche Da- tensammlung. Die Angaben der Gesundheitsämter bezogen sich zunächst jedoch nur auf den Namen und den Standort der jeweiligen Bäder. Das diente als Ausgangspunkt, um weitere Informationen hinzuzufügen und bereitzustellen. Eine Gruppe wissenschaftlicher Hilfskräfte recherchierte mühevoll zahlreiche Eckdaten, Ausstattungsmerkmale und Details der in der Daten- bank befindlichen Schwimmbäder. So kamen am Ende knapp 100 verschiedene Merkmale zusammen (ein Großteil davon insbesondere durch Zuarbeit der DLRG), nach denen Interes- sierte jetzt suchen und filtern können. Am 23. November wurde die Projektseite baederleben.de auf einer Pressekonferenz in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt. Nutzer haben seitdem die Möglichkeit, Schwimmbäder zu su- chen, nach bestimmten Kriterien zu sortieren und die Entwick- lung der Bäderlandschaft nachzuverfolgen. Aktuell halten sol- len den Datenbestand die sogenannten Badpaten. Jeder Nutzer kann sich als Badpate für »sein« Schwimmbad bewerben. Die Paten erhalten Zugang für baederleben.de, verpflichten sich, für aktuelle und richtige Daten zu sorgen und verwalten selbst- ständig Änderungsvorschläge. Diese können alle Nutzer einrei- chen und so die Datenbank mitgestalten und auf dem neuesten Stand halten. Schon vor der Pressekonferenz hatten sich bereits über 100 Badpaten beworben. Handlungsbedarf offensichtlich Das Portal soll dabei unterstützen, eine nachhaltigere und siche- rere Planung der Schwimmbäderinfrastruktur zu garantieren. Eine derartige Datengrundlage existierte bislang nicht. »Die Be- reitstellung dieser Daten ist ein wichtiger Schritt, die in den letz- ten Jahren zunehmenden Probleme in der Schwimmausbildung zu lösen. Das Projekt ermöglicht auch für die Politik eine bessere Beurteilungs- und Handlungsfähigkeit,« sagte die Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, Dagmar Frei- tag. Was die nun verfügbaren Da- ten deutlich zeigen: Es besteht dringender Handlungsbedarf. Wies die letzte Sportstättensta- tistik der Innenministerkonfe- renz im Jahr 2000 noch 6.700 für die Schwimmausbildung nutzbare Bäder (Hallen- und Freibäder sowie schuleigene Lehrschwimmbecken) aus, wa- ren es zum Zeitpunkt der Veröf- fentlichung von baederleben.de nur noch 4.700. »Allein bei den Schulbädern ist ein Rückgang von 20 Prozent zu verzeichnen,« hob DLRG Prä- sident Achim Haag während der Pressekonferenz hervor. In der Konsequenz heißt das: Es müssen wieder mehr Schwimmbäder gebaut werden, die den Anforde- rungen der ausbildenden Vereine genügen, und deren Betrieb muss gesichert werden. Für beides benötigen die Kommunen die Hilfe von Bund und Ländern. »Hier muss man die Kommu- nen unterstützen, dass sie die Bäder nicht nur bauen, sondern auch betreiben können,« findet auch die Vorsitzende des Sport- ausschusses. Zwar seien die Finanzierungsmöglichkeiten zu- nächst Ländersache, doch der Bund müsse auch helfen und tue das mittlerweile über verschiedene Förderprogramme. »An der Aufstockung der erst einmal bis 2024 aufgelegten Programme wird bereits gearbeitet,« so Dagmar Freitag weiter. Ob letzteres angesichts der vielen hundert Milliarden Euro, die zur Bewältigung der Pandemie benötigt werden, gelingt, ist offen. Auch die finanzielle Situation vieler Kommunen dürf- te sich weiter gravierend verschlechtern. Dennoch ist DLRG Präsident Achim Haag optimistisch, dass die bisherigen Teil- erfolge im Werben für mehr ausbildungsfähige Schwimm- bäder von Corona nicht zunichtegemacht worden sind: »Wir müssen natürlich etwas Geduld haben. Sicher werden die Kommunen die Mittel, die sie hatten, auch in die Pandemie- bekämpfung hineingegeben haben. Aber wir haben inzwi- schen sehr intensive Kontakte, insbesondere zur kommu- nalen Ebene, aufgebaut. Die müssen wir aufrechterhalten, damit wir im Gespräch bleiben. Ich bin sicher, dass Kommu- nen heute Adjektive wie lebenswert brauchen, um Bürgerin- nen und Bürger zu begeistern. Da gehört ganz sicher auch ein Schwimmbad dazu.« Jahresbericht 2020 9

VERBAND Ausstatter der DLRG Gliederungen bundesweit war bis ins Jahr 1982 hinein dort ansässig. Doch der Raum für eine Aus- weitung war nicht gegeben. Familienfreundlichkeit erstmals ausgezeichnet Die Aufteilung von Geschäftsbetrieb (Alfredstraße), Mate- rialstelle und Jugend (Langenbrahmstraße) sowie der DLRG Verlag- und Vertriebsgesellschaft (DVV) auf unterschiedliche Standorte führte dazu, sich langfristig Gedanken über einen neuen Gesamtstandort zu machen. Die Zusammenführung der einzelnen Organisationseinheiten war als Grundlage für kurze Wege und eine effektive Zusammenarbeit ein maßgeblicher Grund für den Umzug. »Es ging jedoch nicht nur darum, Infra- struktur zu gewinnen, sondern das auch mit einem inhaltlichen Fortschritt der DLRG zu koppeln,« sagt Ludger Schulte-Hüls- mann, heutiger Generalsekretär der DLRG und damals als Ge- schäftsführer am Prozess beteiligt. Tagungs- und Ausbildungs- möglichkeiten zu schaffen sowie Angebote neu zu konzipieren und zu entwickeln, sollte mit einer neuen Liegenschaft reali- siert werden. Strukturelle Vorteile überzeugten Der Standort Bad Nenndorf rückte auch deshalb in den Fokus der DLRG, weil mit dem bundespolitischen Umbruch nach der Wiedervereinigung zu Beginn der 1990er-Jahre der Bund den Katastrophenschutz reformierte und in diesem Zuge die dazugehörige Schule schloss. »Die Bürofläche und die Lager- möglichkeiten durch die ehemalige Zentralwerkstatt bildeten ein strukturelles Angebot, das den Reiz dieses Standortes aus baulicher Sicht ausmachte,« sagt Schulte-Hülsmann. Die rein baulichen Erweiterungsmöglichkeiten waren in Bad Nenn- dorf nicht nur auf wenige Jahre zu beschränken. In der Fol- ge beschäftigte sich der Bundesverband unter Federführung des damaligen Schatzmeisters und späteren Präsidenten Dr. Klaus Wilkens mit der Frage nach Kostenfolgen und Nutz- barkeit durch einen Umzug sowie den Folgen für die Beleg- schaft. Denn: Der Umzug nach Bad Nenndorf würde auch eine Veränderung des Personalkörpers bedeuten, da nur ein Teil der s s u e r P n a b a F i : o t o F Von Beginn an in Bad Nenndorf dabei (v. l.): Christine Riechers, Bernhard Wagner, Marika Meyer, Rudi Scheuer, Karin Feldkötter, Marina Müller, Peter Sieman, Hilde Oberlehberg und Harald Rehn. Es fehlen Cordula Pantasidis, Renate Groß, Klaus Groß-Weege und Ludger Schulte-Hülsmann. s s u e r P n a b a F i : o t o F Achim Haag (r.) und Ludger Schulte-Hülsmann (l.) nahmen die Auszeichnung von Sven Kehmeier entgegen. Der Verband kinderreicher Familien Deutschland (KRFD) zeichnete die DLRG im Januar mit dem Fair Family Siegel aus. Präsident Achim Haag und Generalsekretär Ludger Schulte-Hülsmann nahmen die Auszeichnung durch Sven Kehmeier vom Bundesverband des KRFD persönlich ent- gegen. Kehmeier würdigte die kinderfreundliche Arbeit der Lebensretter. Das Fair Family Siegel wird an familienfreundliche Ins- titutionen verliehen, die sich besonders für die Interes- sen von Großfamilien einsetzen. Der KRFD würdigte mit seiner Verleihung an die DLRG das Angebot von ermä- ßigten Schwimmkursen für Familien in vielen Ortsgrup- pen, organisierte Freizeitangebote für Kinder und die fa- milienfreundlichen Arbeitszeitmodelle für hauptamtliche Mitarbeiter. Belegschaft den Standortwechsel mitgehen würde. Mit dem Beschluss des Präsidialrates Ende des Jahres 1994 war der Standortwechsel nach Bad Nenndorf auf dem Papier vollzogen. Der Verkauf an die DLRG erfolgte schließlich zum symboli- schen Preis von einer Deutschen Mark. Dafür verpflichtete sich die DLRG mit dem Erwerb des rund 15.000 Quadratmeter großen Areals unter anderem dazu, die Liegenschaft für die kommenden 20 Jahre zu behalten und Aus- und Fortbildungs- möglichkeiten anzubieten. Der Verband übernahm folglich nicht nur das Grundstück, sondern auch Personal der Kata- strophenschutzschule. Aus anfänglich 55 Mitarbeitern zu Be- ginn wurden im Laufe der Jahre 150 Hauptamtliche (Stand: August 2020), die den wachsenden Aufgaben und dem Dienst- leistungsgedanken für die Gliederungen und ihre über 550.000 Mitglieder nachkommen. Viele Veränderungen Nicht nur organisch, sondern auch baulich und strukturell hat sich die Liegenschaft zwischen Niedernfeld und Gehrenbreite in Bad Nenndorf seit dem Einzug der DLRG stetig verändert Jahresbericht 2020 11

BILANZ r e m e o F s i n e D : o t o F DLRG Präsident Haag: »Allen Helfenden zu großem Dank verpflichtet« I m vergangenen Jahr haben die ehrenamtlich Aktiven der DLRG 901 Menschen das Leben gerettet. Rund 41.000 Wasserretter wurden zur Erhaltung des Lebens am und im Wasser eingesetzt und riskierten dabei teil- weise ihr eigenes. Ein sorgenvoller Blick gilt der Schwimmausbildung: Nicht zuletzt durch die Pandemie sind hier viele Zahlen stark rückläufig. Die Einsatzbilanz weist insgesamt 24.747 Hilfeleistungen für Segler, Surfer und Motorbootfahrer aus, die an Küsten und Bin- nengewässern in Not gerieten. Bei 28 Einsätzen mussten sie sogar ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen, um ein anderes zu er- halten. »Unsere Retter geben auch unter widrigsten Umständen kein Menschenleben verloren. Sie kämpfen bei starker Strö- mung, Sturm und anderen Gefahren um jedes Leben,« würdigt Präsident Achim Haag die Leistungen der Einsatzkräfte an den Gewässern. Die Bilanz der weltgrößten freiwilligen Wasserret- tungsorganisation zeigt aber auch deutlich, dass insbesondere in den Sommermonaten die Arbeit der DLRG sehr bedeutend ist. »Im Jahr 2020 waren die innerdeutschen Küstenabschnitte und Binnengewässer coronabedingt deutlich stärker besucht als in den Vorjahren. Gerade der Monat August hat die Ret- tungseinsätze in die Höhe schnellen lassen. Leichtsinn, Selbst- überschätzung oder Unkenntnis über die Gewässer bleiben weiter die häufigsten Ursachen,« sagt Haag. Rund 41.000 Retter habe die DLRG im vergangenen Jahr eingesetzt. Sie wachten an 1.375 Freigewässern und in 1.479 Schwimmbädern und haben auf ehrenamtlicher Basis etwa zwei Millionen Wachstunden ge- leistet, um die Wasserfreizeit von Millionen Menschen sicher zu machen. Die geleisteten Wachstunden waren aufgrund der Pan- demie jedoch stark rückläufig, was vor allem mit dem verspä- teten Start in die Sommersaison zu begründen ist. Im Vergleich zum Vorjahr gingen sie um rund ein Drittel zurück. Geringere Ausbildungszahlen Große Sorgen bereiten den Lebensrettern zudem die rückläufi- gen Schwimmprüfungen. Die Ausbilder am Beckenrand haben im vergangenen Jahr 23.458 Prüfungen abgenommen. Das ent- spricht knapp 75 Prozent weniger Menschen als im Jahr 2019 (92.913), die zu sicheren Schwimmern ausgebildet wurden. Insgesamt wurden zudem 14.566 Seepferdchen im Bereich der Wassergewöhnung ausgehändigt. Auch hier liegt der Rückgang bei über 70 Prozent. Bei den Rettungsschwimmprüfungen wur- den 32.983 Abzeichen neu oder wiederholt ausgestellt – davon 2.509 Juniorretter. »Der Zusammenhang mit der Pandemie liegt hier auf der Hand. Dieser dramatische Rückgang nahe- zu aller Zahlen bereitet uns große Sorgen,« bilanziert Achim Haag die Ausbildungsleistung. Denn dies lege nahe, dass die Schwimmfertigkeit in Deutschland, und damit die Fähigkeit sicher schwimmen zu können, abnehme. »Hier sprechen wir mittlerweile von mindestens einem, wenn nicht sogar schon zwei verlorenen Jahrgängen in der Schwimmausbildung.« Da- für macht der DLRG Präsident auch die sich weiter verschlech- ternden Rahmenbedingungen für die Ausbildung verantwort- lich, die durch die Corona-Pandemie stark verschärft wurden. Bereits vor der Pandemie konnten annähernd 25 Prozent aller Grundschulen keinen Schwimmunterricht mehr anbieten, weil ihnen kein Bad zur Verfügung steht. »Die Schließung der Bäder erschwert den Kampf gegen das Ertrinken deutlich. Durch Coro- na und die Folgen haben wir signifikant mehr Nichtschwimme- rinnen und Nichtschwimmer in Deutschland, was nicht zuletzt ein dauerhaft erhöhtes Ertrinkungsrisiko innerhalb der Bevölke- rung zur Folge hat,« mahnt Haag. Die Mitglieder der DLRG haben im vergangenen Jahr knapp sechs Millionen Stunden ehrenamtlich geleistet. »Jeder und je- dem Einzelnen sind wir zu großem Dank verpflichtet, dass sie trotz und auch gerade wegen dieses außergewöhnlichen Jahres ehrenamtlich Hilfe leisten,« berichtet der Chef der Wasserretter nicht ohne Stolz. Über 1,7 Millionen Mitglieder und Förderer unterstützen die Ziele und humanitären Aufgaben der Wasser- rettungsorganisation. Jahresbericht 2020 13

AUSBILDUNG Starker Rückgang bei Schwimmprüfungen Kompaktkurse zur Schadensbegrenzung R und 70 Prozent Rückgang bei den vorbereitenden Schwimmprüfungen (vor allem Seepferdchen) und knapp 75 Prozent weniger abgenommene Schwimmabzeichen: Für die Schwimmausbildung war die Schließung der Bäder gleichbedeutend mit einem starken Einbruch der Zahlen erfolgreich durchgeführter Prüfungen. Auch bei den Rettungsschwimmprüfungen gingen die Zahlen im Vergleich zu 2019 um zwei Drittel zurück. Einige DLRG Gliederungen konnten durch kurzfristiges Improvisieren und angepasste Konzepte immerhin einige Kur- se in den Sommermonaten durchführen. Im Februar starteten sie in eine neue Runde der Schwimmaus- bildung. Angepasst an die Laufzeit der Schulhalbjahre began- nen bei der DLRG in Wismar wieder die Kinder-Schwimmkur- se. Bis zu den Sommerferien sollten die Jungen und Mädchen ihre Kurse abgeschlossen haben und ihr Abzeichen stolz ent- gegennehmen können, so der Plan. Im März breitete sich dann jedoch die Pandemie in Deutschland aus und die Schwimm- ausbildung kam wie so vieles im Land zunächst gänzlich zum Erliegen. »Die begonnenen Kurse in mehreren Parallelgrup- pen mussten wir da natürlich abrupt beenden,« sagt Dana Gromoll von der DLRG Wismar. Seit fast 28 Jahren arbeitet sie in der Ortsgruppe an der Ostseeküste und steht auch nach Feierabend noch ehrenamtlich als Trainerin in der Schwimm- ausbildung am Beckenrand. Mehr Schwimmen in weniger Zeit Doch anstatt lange abzuwarten und zu schauen, wann die Ausbildung wieder möglich ist, setzten sich Dana und weite- re Kameradinnen und Kameraden der Ortsgruppe schnell an mögliche Wiedereröffnungsszenarien. »Während andere sich fragten, wie und ob das überhaupt funktionieren kann, haben wir uns von Beginn an daran orientiert, was möglich ist und Jahresbericht 2020 15

AUSBILDUNG den. In Wismar hatte man das Maximum möglich gemacht. »Genau 100 Kinder hatten wir bei uns in den Schwimmkur- sen. Am Ende lagen wir für 2020 immerhin noch bei 30 bis 40 Prozent weniger Schwimmabzeichen im Vergleich zu den Vorjahren und bei 30 Prozent weniger Abzeichen insgesamt,« sagt Dana Gromoll, die aus den verpassten Schwimmausbil- dungen durch die geschlossenen Bäder dennoch keinen Hehl macht. Mit vielen Anstrengungen und Anpassungen konnte die DLRG 2020 deutschlandweit 38.024 Schwimmprüfungen abnehmen, was einem deutlichen Rückgang von über 70 Pro- zent entspricht. Im Jahr zuvor waren es noch 141.155 Abzei- chen. Die DLRG rechnet damit, dass 2020 hunderttausende Kinder in Deutschland das Schwimmen nicht gelernt haben. Die Folgen sind absehbar: Gehen die Schwimmbäder wieder in den Betrieb, starten die ausbildenden Vereine überall mit noch längeren Wartelisten für Schwimmkursplätze. Bereits vor der Pandemie war eine Wartezeit von mindestens einem Jahr Vor der Pandemie konnten mehr Kinder in einem Kurs teilnehmen. bei weitem keine Seltenheit. Zudem steigt mit der größeren Zahl der Nichtschwimmer unter den Kindern das Risiko von Unfällen im Wasser. Abgenommene Abzeichen in der DLRG Gesamt 227.878 71.007 5 5 0 . 6 2 7 5 3 . 8 1 8 5 9 . 6 4 3 8 6 . 6 4 2020 2019 2 2 3 7. 2 3 7 3 . 8 1 1 0 5 . 9 3 9 6 8 9 . 0 4 5 6 . i n e h c i e z b a m m w h c s d n e g u J e h c s t u e D ) e r h a J 8 1 b a ( n e h c i e z b a m m w h c S e h c s t u e D i 6 5 5 4 . 5 5 2 . 1 e z n o r B 2 9 1 4 . l d o G 5 6 1 3 . 3 5 9 r e b l i S 8 8 9 3 1 . 8 7 2 1 . 9 4 6 l d o G g n u f ü r P e d n e t i e r e b r o V - e e S n e h c d r e f p 0 6 3 0 1 . e z n o r B i n e h c i e z b a m m w h c s s g n u t t e R 5 8 2 . 1 8 7 5 s i n g u e z - i m m w h c S 5 2 4 4 . 1 4 7 1 . l d o G 3 9 2 8 . 9 0 5 2 . r e t t e r i - r o n u J g n u f ü r P e d n e t i e r e b r o V r e b l i S Jahresbericht 2020 17 e z n o r B r e b l i S

AUSBILDUNG Begeisternde Lösungen Die Jury hatte bei der Auswertung ganz bewusst kein Ranking vorgenommen, sondern allen Schulen das Siegel verliehen, die es sich – gemessen an den festgelegten Kriterien – für ih- ren Einsatz und ihr Engagement verdient haben. »Die Bewer- bungen der Schulen zeigen, dass guter Schwimmunterricht möglich ist. Die Jurymitglieder waren begeistert, welche Lö- sungen Schulen, besonders jene mit ungünstigeren Rahmen- bedingungen, gefunden haben,« sagt Anika Flöte. Dazu gehör- ten Kooperationen mit schwimmsporttreibenden Verbänden, um die Qualifikation für die Schwimmausbildung zu erlangen, die Mitwirkung von Eltern, um lange Busfahrten und die Zeit in den Umkleiden zu betreuen, oder pensionierte Sportlehrer, die sich weiter für den Schwimmunterricht engagieren. Flöte: »Die Bewerbungen haben gezeigt, dass das Prinzip ›Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg‹ auch hier zum Tragen kommt.« Die 59 Preisträger dürfen nun das DLRG Schulsiegel 2020 in ihrer Schule platzieren und das digitale Siegel auf ihrer Home- page veröffentlichen. Zusätzlich hat DLRG Präsident Achim Haag unter allen Preisträgern elf Sonderpreise ausgelost, da- runter Gutscheine für Ausbildungsmaterial, Fortbildungen für Lehrkräfte in der DLRG Bundesakademie und einen Imagefilm über die Arbeit in der Schule. Zu den ausgezeichneten Schulen gehört auch die Oberschule an der Kurt-Schumacher-Allee in Bremen. Landesverbandspräsident Martin Reincke überreichte im September 2020 die erstmals vergebene Auszeichnung an Schulleiter Christian Sauter. Dem gesamtdeutschen Trend fol- gend kann auch in Bremen nur noch jedes zweite Kind sicher schwimmen. »Gerade in einer Stadt am Wasser mit Badeseen, Teichen und Flüssen in fast jedem Stadtteil kann dies schnell lebensgefährlich werden,« warnte Reincke. Und weiter: »Des- halb freut es uns ganz besonders, wenn es auch in Bremen Schulen gibt, die außerhalb des vorgegebenen Schwimmun- terrichts in den dritten Klassen weiter an den Schwimmfähig- keiten der Schülerinnen und Schüler arbeiten.« Die Oberschu- le an der Kurt-Schumacher-Allee in der Vahr geht ganzjährig 60 Minuten pro Woche mit dem fünften und dem sechsten Jahrgang zum Schwimmen. Durch die Jury nicht gewertet, aber dennoch lobenswert, gehen auch die siebten Klassen Kriterien »Sicheres Schwimmen« · 15 Minuten ohne Halt und Hilfen im tiefen Wasser schwimmen können und dabei mindestens 200 m zurücklegen · in Bauch- und Rückenlage schwimmen können · mindestens Paketsprung und Sprung kopfwärts · sich unter Wasser orientieren können beherrschen Die Schwimmabzeichen nach der Deut- schen Prüfungsordnung Schwimmen Rettungsschwimmen erfüllen diese Kriterien. Wer ein Deutsches Schwimmabzeichen besitzt, kann von sich be- haupten, ein »Sicherer Schwimmer« zu sein. n e m e r B G R L D : o t o F Christian Sauter (links) erhält als erster Schulleiter in Bremen vom dortigen Landesverbandspräsidenten Martin Reincke das DLRG Schulsiegel. Die Kriterien · Qualifikation Die Lehrkräfte, die das Schwimmen begleiten, haben eine qualifizierte Ausbildung in den Bereichen Schwimmen, Ret- tungsschwimmen, Methodik und Sicherheit im Schwimm- unterricht. · Schwimmkonzept In der Schule spielt der Schwimmunterricht eine wichtige Rolle. Die Schule geht mit unterschiedlichen Jahrgängen regelmäßig zum Schwimmen. · Elterneinbindung Das Thema Sicherheit am und im Wasser findet auch außerhalb der Schwimmstätte Berücksichtigung. · Präventionsarbeit Das Engagement der Schule, trotz schwieriger Bedingungen den Schwimmunterricht zu gewährleisten, findet besondere Anerkennung. · Sichere Schwimmer Die Schulleitung gewährleistet einen guten Betreuungs- schlüssel im Rahmen des Schwimmunterrichts. · Kooperation mit externen Partnern Die Schule kooperiert mit außerschulischen Partnern und fördert so die Qualität der schulischen Schwimmausbildung. Jahresbericht 2020 19

WASSERRETTUNG r e m e o F s i n e D : o t o F Unter erschwerten Bedingungen Wasserrettungsdienst im Corona-Sommer E s gab wenig Zeit, um sich vorzubereiten, es wurden aber deutlich mehr Einsätze erwartet: Die Ausgangsla- ge für die Wachsaison im Sommer 2020 war eine besondere, eine noch nie dagewesene. Die Verordnungen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie ließen im Frühjahr kein Training im Schwimmbad zu. Auch Praxis- Ausbildung außerhalb des Schwimmbeckens war nicht möglich. Andererseits stand zu befürchten, dass viel mehr Menschen als sonst bei schönem Wetter die Badestellen aufsuchen und es vermehrt zu Unfällen kommt. Die Deutschen verbrachten im Corona-Sommer gezwungener- maßen den Urlaub im eigenen Land und suchten Erholung und Freizeitspaß an den heimischen Gewässern – häufig auch dort, wo keine Rettungsschwimmer im Einsatz sind. Ein weiteres Pro- blem: Viele Kinder, die im Frühjahr das Schwimmen hätten ler- nen sollen, waren auch im Sommer noch Nichtschwimmer. Doch die Wasserretter der DLRG stellten sich diesen Herausforderun- gen – jedem möglichen Infektionsrisiko zum Trotz. Start der Wachsaison In Travemünde begann die Wachsaison wie üblich am 15. Mai. Die ehrenamtlichen Lebensretter besetzten in den gewohnten Zeiten die Wachtürme und standen – mit erhöhten Schutzmaß- nahmen – den Badegästen zur Seite. Im Vorfeld war dafür aber ein höherer Planungs- und Organisationsaufwand zu betreiben, um die Risiken für Retter und Patienten zu verringern. »Natür- lich stehen wir wie in jeder normalen Saison für alle Hilfeleistun- gen und Probleme am Travemünder Strand zur Verfügung. Zum Schutz unserer Wachmannschaft ist der Eingang zur Hauptwache abgesperrt. Wir haben eine Klingel installiert,« so Kai Kreutz- mann, Ressortleiter Wasserrettungsdienst. Durch die Einstellung des Übernachtungsbetriebes auf dem Segelschiff »Passat«, wo die Rettungsschwimmer sonst schlafen, hatte die Kurverwaltung für die Helfer mit weiter Anreise eine dezentrale Unterbringung im Stadtgebiet organisiert. Erheblichen Mehraufwand bei der Vorbereitung und Durchfüh- rung der Wachsaison hatte auch die Koordinierungsstelle des Zentralen Wasserrettungsdienstes an der Küste in Bad Nenn- dorf. Anfang Mai gingen die ersten der rund 90 Stationen in den Dienst, bis Anfang Juni folgten etwa weitere 50. Die letzten Stationen wurden erst zu Beginn der Hauptsaison Ende Juni be- setzt. »Im März hatten wir uns zunächst die Frage gestellt, wie wir einen geordneten Wasserrettungsdienst überhaupt durch- führen können und uns einen Überblick über die gegenwärtigen Bestimmungen in den drei Bundesländern mit Küste beschafft,« sagt der Leiter der Koordinierungsstelle, Peter Sieman. Danach definierten die Verantwortlichen die Rahmenbedingungen, vor allem für die Unterbringung der Rettungsschwimmer. Anders als sonst musste auf Gemeinschaftsunterkünfte weitgehend verzich- tet werden. Nur besonders große Räume kamen als Doppelzim- mer infrage. Per Fragebogen wurde mit den Kurverwaltungen der Seebäder geklärt, wie viele Rettungsschwimmer auf welcher Station so überhaupt untergebracht werden können. Jahresbericht 2020 21

Allrich. Darauf waren die Ratzeburger Rettungsschwimmer vor- bereitet. Sie starteten wie gewohnt in die Saison, zunächst je- doch nur mit einer Bootsbesatzung auf der Hauptstation. Zusätz- lich wurden zwei Einsatzfahrzeuge im Stadtgebiet positioniert, sodass im Notfall weitere Kräfte hinzugezogen werden konnten. Um sich im Corona-Sommer während des Dienstes und im Ein- satz bestmöglich schützen zu können, erhielten die Wasserretter von den Betreibern die dafür nötige Ausrüstung. »Mund-Nasen- Schutz, FFP2-Masken, Overalls: Alles war ab dem ersten Wachtag vorhanden,« so Allrich. Darüber hinaus waren weitere Vorkehrun- gen zu treffen. So musste etwa geklärt werden, welche Desinfek- tionsmaßnahmen während und nach dem Dienst durchzuführen sind. Auch war sicherzustellen, dass in der Station der Mindest- abstand immer eingehalten werden kann und die eingesetzten Retter an den Badestellen von den Besuchern abgeschirmt sind. Schwieriger als in der Vergangenheit fiel der DLRG Ratzeburg die Personalplanung. Wird diese für gewöhnlich bereits zum Jahres- beginn erledigt, mussten die Verantwortlichen diesmal meist von Wochenende zu Wochenende und in den Ferien von Woche zu Woche planen. Zu lange bestand Unsicherheit darüber, wann in welchem Umfang Rettungsschwimmer benötigt werden. Wirkli- che Engpässe entstanden jedoch nicht. Bis Mitte August bewegten sich die Einsatzzahlen auf Vorjahres- niveau. Die Ratzeburger Seen sind vor allem ein Segelsportre- vier und auch bei anderen Wassersportlern beliebt. Wie vielerorts im Land stand Sommer 2020 das Stand-Up-Paddling besonders hoch im Kurs. »Das ist dieses Jahr unser Hauptgeschäft,« sagte der Technische Leiter. »Die Paddler unterschätzen den Wind, der von der Insel kommt.« r e m e o F s i n e D : o t o F In Not geratene Stand-Up-Paddler führten auf den Ratzeburger Seen besonders häufig zu Einsätzen. Doch nicht nur weiter draußen auf den Seen, sondern auch an den vier Badestellen gab es im Laufe des Sommers immer mehr zu tun. Allrich: »Wegen starker Unterströmung herrschte in der Lübecker Bucht zeitweise Badeverbot. Die Leute hören das im Radio und kommen dann hierher.« So musste an einem Wochen- ende im August sogar eine Badestelle wegen Überfüllung ge- schlossen werden. Bereits Tage zuvor kamen zu viele Menschen. Daraufhin suchte Allrich das Gespräch mit der Stadt, die fortan einen Sicherheitsdienst organsierte. Die Sicherheitsleute unter- stützten die Rettungsschwimmer, die auch auf die Einhaltung der Hausordnung hinwirkten, indem sie selbst Badegäste aufforder- ten, Abstand zu halten und die weiteren Regeln zu befolgen. WASSERRETTUNG Baden im Fluss macht Sorgen An der DLRG Station am Werdersee in Bremen versorgten die Ersthelfer Patienten wann immer möglich außerhalb ihrer Räum- lichkeiten. Das war ziemlich oft der Fall, denn an dem Neben- gewässer der Weser gehören nicht erschöpfte Stand-Up-Paddler, sondern Schnittwunden zum Tagesgeschäft. »Hier wird abends viel gefeiert. Und leider kann man das Leergut nicht mitnehmen, das muss man kaputt machen, damit hier ordentlich Müll ist«, sagt Stationsleiterin Insa Wolfram verärgert. Damit Leidtragende nicht direkt in die Station kommen, wurde ein »Stoppschild« auf- gestellt. Dort werden sie dann in Empfang genommen und im Behandlungsbereich versorgt. »Dabei tragen wir Maske, wenn die Patienten Maske haben, gerne auch. Sonst halten sie sich ein Tuch vor den Mund.« r e m e o F s i n e D : o t o F Badegäste sollen nach Möglichkeit nicht in die Stationen und wer- den außerhalb in Empfang genommen. Lange war für die Bremer Lebensretter nicht klar, wann und ob sie überhaupt ihre Stationen besetzen können. Als eine neue Ver- ordnung des Senats das ermöglichte, ging es Schlag auf Schlag. »Da haben wir das Glück gehabt, dass wir gute, routinierte, ein- gespielte Teams haben, die dann in Windeseile die Stationen auch aus der Winterruhe geholt haben, sodass wir ab Mitte Mai – etwas später als normal – den normalen Wasserrettungsdienst an den Badeseen machen konnten«, sagte der stellvertretende Leiter Einsatz des Landesverbandes, Constantin Schulz. Fußstrei- fen waren in der Saison kaum unterwegs, um den Kontakt der Lebensretter mit anderen Menschen zu minimieren. Schulz: »Wir versuchen, den Streifendienst nun mit den Booten, Kajaks und Rettungsbrettern zu machen.« Gerade im August stellten die Wasserretter in der Hansestadt ein stark erhöhtes Besucheraufkommen an den Badestellen fest. Sorgen bereitete den Aktiven der DLRG Bremen zunehmend die Tatsache, dass immer mehr Menschen auch die Weser zum Ba- degewässer machen. Das sei im Sommer 2020 noch einmal ver- stärkt spürbar gewesen. Dabei ist das Baden und Schwimmen im Fluss verboten – und lebensgefährlich. »Du sagst den Leuten, wie gefährlich das ist, dort ins Wasser zu gehen und sie machen es trotzdem. Es gibt immer wieder Unbelehrbare«, weiß Sascha Nikolaus, der auf der Weser regelmäßig Streife fährt. Aufeinander Rücksicht nehmen Im Ostseebad Boltenhagen in Mecklenburg-Vorpommern rich- tete im August Wachführer Sven Schmitz täglich seine Augen auf den zumeist gut besuchten Strand. Insgesamt 24 Rettungs- schwimmer waren hier im Einsatz, verteilt auf sechs Türme und Jahresbericht 2020 23

WASSERRETTUNG r e g r e b m a w h c S o n r A : o t o F Auch in der Pandemie zur Stelle 380 Menschen vor dem Ertrinken gerettet E in Blick in die Einsatzstatistik 2020 verrät: Der vor dem Sommer erwartete deutliche Anstieg der Einsatz- fälle ist bundesweit betrachtet ausgeblieben. Die Jahresbilanz weist sogar knapp 7.000 Hilfeleistungen bei Personen weniger aus als im Vorjahr. Dass es allerdings auch anders hätte kommen können, zeigte der Monat August, in dem das Einsatzaufkommen vielerorts merklich größer war als üblich. Insgesamt haben die Ret- tungsschwimmer der DLRG im vergangenen Jahr 380 Menschen vor dem Ertrinken gerettet. Mehr als 41.000 aktive Wasserretter leisteten rund zwei Millionen Stunden ehrenamtliche Arbeit für das sichere Badevergnü- gen an weit über 2.800 Gewässern im Bundesgebiet. Tizian Senger hat bereits häufig Hilfe geleistet. Doch so ein Wo- chenende wie das am 8. und 9. August 2020 hatte der 20-Jährige noch nicht erlebt. An beiden Tagen kämpften er und andere Ret- tungsschwimmer der DLRG St. Leon-Rot (Rhein-Neckar-Kreis) am örtlichen Badesee um das Leben eines Menschen. »Am Samstag bekam eine Person einen Herzinfarkt an der Wasserskianlage,« berichtet der Wasserretter, der einen großen Teil seiner Freizeit an dem Badesee verbringt. »Ich war als Erster vor Ort und begann mit der Reanimation.« Leider gelang es ihm und den weiteren Beteiligten jedoch nicht, dem Mann das Leben zu retten. »Das nimmt einen auf jeden Fall mit, so ein einschneidendes Erlebnis zu haben,« sagt Tizian. le. Diesmal hat er Erfolg. Beim Abtauchen bekommt er den Arm eines Mannes zu fassen. Der Retter zieht den Bewusstlosen nach oben, bringt ihn zum Ufer und beginnt mit der Wiederbelebung. Schon nach kurzer Zeit kam der Mann – ein Nichtschwimmer, der auf der Luftmatratze in einen tieferen Bereich trieb und herunter- fiel – zu sich und konnte bei Bewusstsein dem Rettungsdienst übergeben werden. Nur aufgrund der schnellen und richtigen Hilfe überlebte der Mann und erlitt darüber hinaus auch keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Geschockt von den Ereig- nissen des Wochenendes, aber mit einem Glücksgefühl durch das erfolgreich gerettete Leben beendet Tizian am Sonntag sei- nen ehrenamtlichen Wachdienst am Badesee. Trotz des traumatischen Erlebnisses erscheint die gesamte Wach- mannschaft am nächsten Tag pflichtbewusst zu ihrem Dienst. Alle können es kaum fassen, als sich die Ereignisse auf ähnliche Weise wiederholen. Zusammen mit seinen Kameradinnen und Kameraden ist Tizian mit dem Rettungsbrett auf dem Gewässer unterwegs. Plötzlich bemerkt der Wasserretter an diesem heißen Hochsommertag eine Gruppe Badegäste, die auf sich aufmerk- sam macht. Als der 20-Jährige diese erreicht, erfährt er, dass dort ein Mann untergangen sein soll. Tizian geht direkt auf die Suche. Mehrfach taucht er dazu hinab zum Grund des zwischen zwei und drei Meter tiefen Sees. Das Wasser ist trüb, die Sicht entsprechend gering. Von einem Mann findet sich jedoch keine Spur. Dann vernimmt er die Stimme einer Frau. Sie ruft, weil sie im Wasser etwas entdeckt hat. Tizian ist wieder zuerst zur Stel- Für seine Mitstreiter und Freunde bei der DLRG St. Leon-Rot war später klar: Dieses engagierte Handeln verdient eine Auszeich- nung. So nominierten sie den jungen Mann für den NIVEA Preis für Lebensretter in der Kategorie Lebensrettung. Mit Erfolg: »Ich Wachgebiete Freigewässer Schwimmbäder Gesamt 1.375 1.479 2.854 Jahresbericht 2020 25

WASSERRETTUNG DLRG Barometer 2020 Mindestens 378 Todesfälle durch Ertrinken D ie ehrenamtlichen Rettungsschwimmer können leider längst nicht überall sein und schon gar nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit. So blieb auch 2020 für viele in Not Geratene die Hilfe aus oder kam zu spät. Mindestens 378 Menschen sind im vergangenen Jahr in Deutschland ertrunken. Das waren 39 Opfer weniger als im Jahr davor. Dies gab die DLRG im März 2021 in Berlin bekannt. Mit 335 Personen verloren rund 88 Prozent der Opfer ihr Leben in Binnengewässern. »Das Risiko, in Flüssen oder Seen zu ertrinken, ist um ein Vielfaches höher als an Küsten oder in Schwimmbädern. Binnengewässer werden vergleichsweise wenig von Rettungs- schwimmern bewacht,« erläuterte DLRG Präsident Achim Haag bei der Pressekonferenz in Berlin den Hintergrund. »Hier würden wir als DLRG gerne gezielter mit den Kommunen zusammenarbei- ten, um mithilfe unserer vielen Rettungsschwimmer mehr Gefah- renstellen zu entschärfen,« so Haag weiter. Mehr Unfälle im August Die Anzahl der Opfer ist 2020 im Vergleich zum Vorjahr um rund neun Prozent auf 378 zurückgegangen. Verglichen mit 2019 er- tranken in den meisten Monaten weniger Menschen, besonders auffällig jedoch ist die starke Zunahme an Ertrinkungstoten im August. Hier verzeichneten die Lebensretter mit 117 Opfern einen deutlichen Zuwachs. Im August 2019 waren es noch 45 ertrunkene Personen. Die Zahlen für diesen Sommermonat lagen letztmalig im Jahr 2003 höher. »Besonders das heiße Sommerwetter im August lud die Menschen zu spontanen Ausflügen an die Binnen- gewässer und die Strände an Nord- und Ostsee ein,« sagte DLRG Präsident Haag. »Dadurch, dass coronabedingt zudem viele Men- schen in Deutschland geblieben sind oder Urlaub gemacht haben, war der Andrang teilweise sehr groß und unsere Ehrenamtlichen an den vielen Rettungsstationen hatten viel zu tun,« erklärte Haag. Wie sich schönes Wetter auf die Ertrinkungsfälle auswirken kann, zeigten die Monate Juni, Juli und August auch in diesem Jahr: 234 Personen ertranken in diesen immer wieder von Hitzewellen und Trockenheit geprägten Monaten. Das sind über 60 Prozent der töd- lichen Wasserunfälle des gesamten Jahres. starben 21 Menschen (sechs in der Nord- und 15 in der Ostsee). Auch die Zahl der Todesfälle in Schwimmbädern nahm ab. 2020 verzeichnete die DLRG Statistik sechs Opfer (2019: 11) in Frei-, Hal- len- und Naturbädern. In privaten Swimmingpools ertranken zwei Menschen. Ertrunkene Menschen nach Geschlecht männl. 301 weibl. n.b. 75 2 Verlorenes Jahr in der Schwimmausbildung Besonders vom Ertrinken betroffen sind Kinder und junge Menschen. 18 Kinder (2019: 17) im Vorschul- und fünf (acht) im Grundschulalter kamen im Wasser ums Leben. Haag: »Die zu- rückgehende Schwimmfertigkeit bei den Kindern ist hierbei eine zentrale Ursache, was das Corona-Jahr 2020 durch längerfristig geschlossene Bäder leider nur verschlimmert hat.« So sorgten die sich verschlechternden Rahmenbedingungen dafür, dass weniger junge Menschen schwimmen lernen. »Das Jahr 2020 war für die Schwimmausbildung ein verlorenes Jahr,« beklagte Haag. Diese alarmierende Entwicklung habe bereits vor der Pandemie begonnen. »Die Anstrengungen müssen deutlich intensiviert werden, um marode Bäder zu sanieren und Schulun- terricht sicherzustellen. Sobald die Bäder wieder öffnen können, gilt es, zusätzliche Wasserzeiten für die Ausbildung zu schaffen.« Die Unfälle im Wasser mit Todesfolge an den Strandabschnitten der Nord- und Ostsee haben sich im Vergleich zu 2018 und 2019 weiter reduziert. An den Küsten zwischen Borkum und Usedom Weitere Zahlen und Informationen zur Statistik sind auf der DLRG Homepage unter dlrg.de/statistik-ertrinken zusammengestellt. Ertrunkene Menschen nach Alter 21 22 23 24 23 16 18 19 26 27 27 26 21 15 18 5 5 37 4 1 1-5 6-10 11-15 16-20 21-25 26-30 31-35 36-40 41-45 46-50 51-55 56-60 61-65 66-70 71-75 76-80 81-85 86-90 90+ n.b. Jahresbericht 2020 27 m o c . e b o d a . k c o t s - i r a l l u g o i c s a v a s a d r a : o t o F

FREIWILLIGENDIENST Abwechslung im Bundesfreiwilligendienst »Jeder kann seine Fähigkeiten weiterentwickeln« Z u den vielfältigen Aufgaben im Bundesfreiwilligendienst (BFD) der DLRG kamen im Jahr 2020 zusätzliche Herausforderungen dazu. Durch die Pandemie standen neue Formen der Hilfe im Fokus, wie zum Beispiel Einkaufshilfen. Doch auch die in der Satzung festgehaltenen Kernaufgaben kamen nicht zu kurz. Deutschlandweit gab es 2020 insgesamt 156 Einsatzstellen in der DLRG, in denen Menschen den BFD leisten konnten. Soziale Kompetenzen und die Persönlichkeitsbildung zu fördern sowie die Zeit bis zum Studium oder der Ausbildung sinnvoll zu nut- zen, sind neben der nachhaltigen Unterstützung der satzungs- gemäßen Arbeit der DLRG die Hauptfunktionen des Freiwilli- genjahres. So handhabte es auch Lars Schütte aus Rhede an der Ems. Für zwölf Monate tauschte Lars als Bundesfreiwilliger Nord- gegen Ostsee und ging für seinen Dienst zur DLRG Orts- gruppe Haffkrug-Scharbeutz nordöstlich von Hamburg. »Wäh- rend des Bundesfreiwilligendienstes erhält man theoretische und praktische Einblicke in Fachbereiche wie Schiffstechnik, Rettungsdienst und Ausbildungwesen. Besonders wichtig war mir aber das Meer. Am und im Meer zu arbeiten und gleichzeitig Gutes für die Gesellschaft zu leisten, ist eine sehr gute Kombi- nation,« sagt der 21-Jährige zu seiner Motivation. Über 200 Freiwillige bundesweit Im Jahr 2020 leisteten über 200 zumeist junge Menschen ihren Freiwilligendienst bei der DLRG. Von ihnen wurden 95 bundes- weit in Landesverbänden, Bezirken, Ortsgruppen und im Bun- desverband neu eingestellt. Die meisten von ihnen beginnen ähnlich wie Lars direkt nach ihrem Schulabschluss und bleiben für zwölf Monate. Doch auch längere Zeiträume (bis zu 18 Mo- nate) sind möglich. Coronabedingt konnte der freiwillige Dienst vergangenes Jahr sogar auf 24 Monate ausgeweitet werden. Noch vor der Pandemie mit dem Freiwilligenjahr begonnen, waren die Aufgaben für Lars in Scharbeutz vielfältig und ab- wechslungsreich: »Ich habe beim Kinderschwimmen geholfen, die Rettungsschwimmausbildung mitorganisiert, Events vor- bereitet, Material gepflegt und hin und wieder im Schwimm- bad beaufsichtigt.« Allgemein richten sich die Aufgaben im BFD nach den gemeinwohlorientierten und in der Satzung festge- haltenen Aufgaben der DLRG. Im Kern ist das insbesondere die »Schaffung und Förderung aller Einrichtungen und Maß- nahmen, die der Bekämpfung des Ertrinkungstodes« dienen. In den Einsatzstellen können die Freiwilligen als Rettungsschwim- mer, als Wachführer zur Leitung von Rettungseinsätzen, in der Schwimmausbildung, als Sanitätshelfer oder gar Sanitäter, im Vereinsmanagement wie auch beim DLRG/NIVEA Kindergarten- tag eingesetzt werden. Da sich die DLRG jedoch auch als hu- manitäre Hilfsorganisation versteht, verwunderte es nicht, dass viele Ortsgruppen in der Pandemie neue Aufgaben wahrnah- men und der Lage entsprechend Flexibilität und Anpassungs- fähigkeit zeigten. Zusammen mit einem weiteren Bundesfrei- willigen organisierte Lars zum Beispiel Einkaufshilfen. Morgens nahmen sie die Bestellungen auf, machten sich in den Mittags- stunden auf den Weg in die Geschäfte und anschließend zu den In der Pandemie übernahmen die Freiwilligen auch Aufgaben ab- seits des Wassers. Bestellenden, wo sie Geld und Waren jeweils immer mit dem nötigen Sicherheitsabstand tauschten. »Ziel war es, mit dem Einkaufsdienst vor allem vulnerable und infizierte Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen,« so Lars. »Wir durften alle Ein- kaufsläden zwischen Neustadt und Sereetz kennenlernen und wissen dadurch jetzt nicht nur, wie viele Sorten Joghurt es gibt, sondern auch, wo sie in welchem Supermarkt stehen.« Seinen Lieblingsschwerpunkt hatte der 21-Jährige in den Som- mermonaten zum Abschluss seiner Zeit als Bundesfreiwilli- gendienstleistender vor sich: die Ausbildung im Wasserret- tungsdienst. Als Pflichtelement gehört ein Einsatz im Zentralen Wasserrettungsdienst-Küste für alle Freiwilligen bundesweit dazu. Die Vielfalt der Aufgaben sei jedoch der große Trumpf im BFD-Jahr, so Lars Schütte: »Jeder findet in der DLRG einen Tä- tigkeitsbereich, um seine Fähigkeiten weiterzuentwickeln und seinen Interessen nachzugehen.« Und manche bleiben auch längerfristig bei der DLRG. Lars Schütte ist seit Ende seines Freiwilligendienstes Mitglied bei den Lebensrettern. t a v i r p : o t o F Lars war es wichtig, während des Freiwilligendienstes am und auf dem Meer zu sein. Jahresbericht 2020 29

JUGEND Die DLRG-Jugend beschäftigt sich hauptsächlich deshalb mit dieser besonderen Form von Gewalt, weil sexualisierte Gewalt eben nicht eine gewalttätige Form der Sexualität meint, son- dern eine Gewaltausübung in sexualisierter Form. Sie lässt zu, dass Interessen Einzelner zulasten anderer Menschen verfolgt werden. Sexualisierte Gewalt nimmt verschiedene Gestalten an und hat Vorstufen, die als »grenzverletzendes« oder »grenz- überschreitendes« Verhalten bezeichnet werden. Beispiele hier- für sind anzügliche Sprüche, herabwürdigende Kommentare, aufdringliche Blicke. Entgegen der landläufigen Meinung muss für sexualisierte Gewalt nicht zwangsweise Körperkontakt ge- geben sein (zum Beispiel der psychische Zwang, sich ausziehen oder Pornographie anschauen zu müssen). Mit Sexualität auseinandersetzen Bereits auf dem Bundesjugendtag im Oktober 2019 hat die DLRG-Jugend ihre Grundhaltung zur Sexualität beschlossen. Auf dieser Grundlage konnte 2020 das sexualpädagogische Konzept der DLRG-Jugend dem gesamten Verband vorgestellt werden, »insbesondere auch um unserem Bildungsauftrag ge- recht zu werden,« wie Dr. Christoph Freudenhammer als Vorsit- zender der DLRG-Jugend betont. Es biete den Mitgliedern die Möglichkeit, sich mit ihrer Haltung zum Thema Sexualität, die schließlich zum Menschsein gehöre, auseinanderzusetzen, so- dass sie in der Arbeit mit jungen Menschen sicher handeln und sich mit anderen Mitarbeiter*innen austauschen können. Sie werden so einerseits gestärkt und andererseits entlastet, denn das sexualpädagogische Konzept schaffe Sicherheit und Hand- lungsfähigkeit im Verbandsalltag sowie eine Orientierung in unklaren Situationen. Sexualität ist ein Grundaspekt des mensch- lichen Seins. Wo immer Menschen miteinander zu tun haben, ist Sexualität und Körperlichkeit im Spiel. Sexualität ist einfach, der Umgang mit ihr wird jedoch sozial erlernt. Kin- der und Jugendliche lernen aus ihrer Umgebung, sie überneh- men Haltungen und Einstellungen. Das bedeutet für jeden Kin- der- und Jugendverband, dass eine ausführliche Beschäftigung mit diesem Thema essenziell ist. Die DLRG-Jugend hat daher in ihrer Grundhaltung zur Sexualität durch den Bundesjugendtag vier zentrale Merkmale festgehalten: 1. Die DLRG-Jugend sieht Sexualität grundsätzlich als etwas Positives. Sexualität ist ein elementarer Bestandteil der Persönlichkeit eines Menschen. Sie beginnt nicht mit Einsetzen der Pubertät, sondern Menschen sind von Geburt an sexuelle Wesen. Sexua- lität ist Bestandteil der Lebenswelt von Kindern und Jugend- lichen und als solche betrachtet sie die DLRG-Jugend. 2. Sexualität ist vielfältig. Das heißt, es gibt kein »normal« und auch kein »unnormal« und auch kein »richtig« oder »falsch«. Die DLRG-Jugend ist of- fen gegenüber allen sexuellen Orientierungen und geschlecht- lichen ihre*seine Sexualität so leben, wie sie*er es für richtig hält, ohne dabei Diskriminierungen fürchten zu müssen, soweit die Grenzen an- Identitäten. Jede*r soll selbstbestimmt derer respektiert werden. Diese Vielfalt gilt es beim Umgang mit Kindern und Jugendlichen zu beachten. 3. Sexualität ist weit mehr als Sex. Sexualität beschreibt die Körperwahrnehmung, den Bezug zum eigenen Körper. Gerade das macht sie für die DLRG-Jugend so wichtig, denn dort findet körperorientierte Arbeit statt. 4. Ein positiver Bezug zum eigenen Körper. Der hilft dabei, die eigenen Grenzen zu kennen und zu äußern. Sexualität soll nicht nur im Kontext von Gewalt thematisiert werden. Das sexualpädagogische Konzept verdeutlicht, warum sexuelle Bildung in der DLRG-Jugend nicht zu vernachlässigen ist. Denn Angebote der sexuellen Bildung schaffen Wissen und machen letztlich sprechfähig. Eine Tabuisierung wird vermieden, das Konzept benennt Rechte sowie Pflichten und sensibilisiert für Grenzen. Wissen über Sexualität beinhaltet dabei nicht nur Sex und Aufklärung, die emotionalen und sozialen Komponenten sind mindestens genauso entscheidend. Junge Menschen wer- den bei der Entwicklung eines positiven Körperbewusstseins gefördert sowie darin bestärkt, dass ihr eigener Körper weder beschämt noch fremdbestimmt werden darf. Den ehrenamtlich Aktiven und hauptberuflichen Mitarbei- ter*innen der DLRG-Jugend bietet diese Veröffentlichung damit eine Orientierung. Sie zeigt zudem Möglichkeiten auf, wie Se- xualität und sexuelle Bildung Eingang in die eigene Arbeit vor Ort finden können. Das sexualpädagogische Konzept schließt zusammen mit dem Schutzkonzept zur Prä- vention sexualisierter Gewalt und dem ergän- zenden Praxisheft einen umfassenden Dreiklang. Alle Publikationen hierzu und noch mehr stehen zum Download unter dlrg-jugend.de/psg bereit. In gedruckter Form können die Broschüren im Bundesbüro unter info@dlrg-jugend.de bestellt werden. Vernetzung im gesamten Verband als Ziel Die Kooperation mit dem Gesamtverband im Bereich der Prävention sexualisierter Gewalt erfolgt konstruktiv und ver- trauensvoll. Zusätzlich zum seit einigen Jahren bestehenden Netzwerk aus Ansprechpersonen der DLRG-Jugend in den Landesverbänden konnten im Jahr 2020 ebenso erste PsG-An- sprechpersonen der DLRG in den Landesverbänden benannt werden. Sie spannen dieses Netzwerk nun noch breiter auf. Zum Auftakt wurde ein Workshop angeboten, den die DLRG- Jugend inhaltlich zentral gestaltet hat. Die Bemühungen wer- den zudem durch eine Arbeitsgruppe auf Bundesebene, die das Thema kontinuierlich inhaltlich weiterentwickelt, unter- stützt. Ein Ergebnis aus der bisherigen Arbeit: Im Juni 2020 hat das DLRG Präsidium beschlossen, dass die DLRG ihre Arbeit in diesem Themenbereich künftig stärker aufstellt und mit der DLRG-Jugend koordiniert. So wird gemeinsam versucht, die notwendige Vernetzung in der Prävention sexualisierter Gewalt im gesamten Verband mit seinen beinahe 2.000 Gliederungen zu erreichen. Jahresbericht 2020 31

SPORT Entwicklungsschub für den Sport Bundesstützpunkte eröffnen neue Möglichkeiten S eit 2017 unterstützt der DLRG Bundesverband die Einrichtung von Bundesstützpunkten, um die Weiter- entwicklung des Rettungssports voranzutreiben. Grundlage hierfür bilden das Sportförderkonzept sowie die Beschlüsse des Präsidialrats im April 2016. sive Laufbahnen, diverse Turnhallen sowie eine Laufhalle. Auch ein Freigewässerstützpunkt steht für Training und Ausbildungs- maßnahmen zur Verfügung. In Halle haben sich leistungsstarke Trainingsgruppen gebildet. Das tägliche Rettungssporttraining können alle Athleten wahr- nehmen, die im Umfeld leben, arbeiten oder studieren. Die Trai- ningskapazitäten werden somit nicht nur von heimischen Bun- deskadersportlern genutzt, sondern es trainieren zunehmend auch Sportler anderer Landesverbände und Ortsgruppen in Halle. Während Schulausbildung oder Studium stehen vor allem die Sportschulen Halle und die Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg (MLU) als Partner bereit. Sowohl längere als auch kürzere Aufenthalte können ermöglicht werden, um sportliche Leistungsfähigkeit zu erhalten oder neue Impulse zu schaffen, sodass die Trainierenden mit Fortschritten für sich und ihr Heim- training in ihren Verein zurückzukehren können. Auch der Ausbil- dungsbetrieb für Trainer und entsprechende Lehrgänge finden in Halle statt. Dabei können Wissen und Ideen ausgetauscht sowie neue Impulse für die tägliche Heimtrainingsarbeit gesetzt wer- den. Sichtungslehrgänge und die Eventorganisation runden das Angebot am Standort ab. Die bisherige Arbeit im Bundesstützpunkt hat gezeigt, dass in dieser Struktur immenses Entwicklungspotenzial steckt. Die Möglichkeiten im Rettungssport werden deutlich verbessert. Künftig geht es vor allem darum, die Betreuungsstruktur noch weiter auszubauen und damit die Leistungsfähigkeit der Athle- ten noch mehr an das internationale Niveau heranzuführen. So kann es gelingen, bei künftigen Großveranstaltungen wie Welt- meisterschaften weiterhin sportlich erfolgreich zu sein. r e m e o F s i n e D : o t o F Zur Förderung der Ocean Disziplinen im Rettungssport sollen auch zwei Bundesstützpunkte an Nord- und Ostsee entstehen.. Jahresbericht 2020 33 r a h c s t t i D h p e t S : o t o F Rettungssporttrainer Daniel Gätzschmann während eines Lehr- gangs im Bundesstützpunkt in Halle an der Saale. Das Ziel des Bundesverbandes ist es, zunächst sechs Bundes- stützpunkte zu bilden, davon vier mit dem Schwerpunkt Ret- tungssport in Schwimmhallen. Zwei Stützpunkte konzentrieren sich auf das Freiwasser und sollen sich an Nord- oder Ostsee befinden. Der Bundesverband verspricht sich damit eine neue Stufe der Professionalität im Rettungssport. Bundesstützpunkt in Sachsen-Anhalt Der erste Bundesstützpunkt befindet sich seit Herbst 2017 in Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt). Am 1. Januar 2018 wurde dort die Arbeit aufgenommen. Neben Rettungssportlern aus Sachsen-Anhalt werden von Halle aus auch Athleten der Landes- verbände Berlin, Brandenburg, Sachsen und Thüringen betreut. Der Sportkomplex umfasst mehrere Schwimmhallen (Lang- und Kurzbahn), einen modernen Kraftraum, einen Sportplatz inklu-

PARTNER was einer Familie passieren kann – fanden die Partner einen Weg, um dieser Entwicklung durch Aufklärung bei Eltern und Kindern entgegenzutreten. Nicht mit dem erhobenen Zeigefin- ger, sondern familien- und kindgerecht auf spielerische, leichte Art und Weise durch Lernen und Spielen in der Gruppe im Kin- dergarten. Das DLRG/NIVEA Kindergartenprojekt war geboren und entwickelte sich rasch zu einem Erfolgsprojekt mit jähr- lich mittlerweile mehr als 2.000 Veranstaltungen – sofern nicht gerade eine Pandemie die Arbeit ausbremst. Für NIVEA passt dieses Projekt ideal in die Ausrichtung der Marke auf familiäre menschliche Werte; die DLRG konnte mit dem Projekt in relativ kurzer Zeit die Zahlen der ertrunkenen Kinder im Vorschulalter erheblich senken. Steigende Zahlen sind dagegen das Ziel des später gestarte- ten Projekts »Seepferdchen für alle«, mit dem seit 2006 Erzie- her durch die DLRG qualifiziert werden, damit diese sicher mit den Kindern im Kindergarten baden gehen und schon erste Übungen zur Wassergewöhnung und Wasserbewältigung an- bieten können. Seit 2013 können die Projektteilnehmer sogar die Qualifikation zum »Ausbildungsassistenten Schwimmen« erwerben und damit Seepferdchen-Prüfungen ablegen. Die DLRG erschließt sich auf diesem Weg engagierte Ausbilder und Zugänge zu Wasserzeiten in den Bädern, die durch die Kindergärten besucht werden. Mit der bereits vorhandenen Wassergewöhnung und dem im Kindergarten erworbenen Seepferdchen soll dann die Schwimmausbildung im Verein und in der Schule bis zum »Sicher Schwimmen Können« und dem Schwimmabzeichen in Bronze einfacher und effektiver werden – eine Chance, um knapper gewordenen Bäderzeiten entgegenzuwirken. Für NIVEA ist dieses Projekt zu einem wich- tigen Baustein der Kooperation geworden, denn alle Familien kennen die Schwierigkeit, Seepferdchen- oder Schwimmkurse für die eigenen Kinder zu finden und alle sehen den Stolz und die Begeisterung der Kinder, wenn diese am Ende des Kurses ihre Prüfung bestehen. Aufklärung, Prävention und Unterstützung mit Blick auf den Menschen und seine aktuellen Bedürfnisse machen die Koope- ration also stark. So auch bei der Frage nach der Sicherheit des Strandes im Urlaub: Hier hat die DLRG mit Unterstützung von NIVEA in den vergangenen Jahren hunderte Schilder an die Strandzugänge der Nord- und Ostseeküste gebracht, die ge- mäß eines international genormten Systems auf die Besonder- heiten und Gefahrenpunkte des jeweiligen Strandes hinweisen oder die Lage von öffentlichen Rettungsmitteln oder der nächs- ten DLRG Wachstation ausweisen. Und falls die Aufklärung ver- sagt hat und jemand zu ertrinken droht, dann schließt die Ko- operation auch – zumindest exemplarisch – das Kümmern und die Anerkennung für die Retter ein. Mit dem NIVEA Preis für Le- bensretter verleihen die Partner den deutschlandweit einzigen Preis für Rettungen aus Wassergefahren und ehrenamtliches Engagement für die Wasserrettung und runden so ihr »Care-Pa- ket« für die Menschen in Deutschland ab. Ein Jahr (fast) wie im Dornröschenschlaf Wie bei NIVEA ist auch bei den weiteren Wirtschaftspartnern der DLRG die gemeinsame Ausgestaltung von konkreten Projekten und Veranstaltungen ein besonderes Kennzeichen der Koopera- tionen. Sei es die Team-Challenge der DLRG BKK24 FITNASS- Tour oder die Ausrüstung der DLRG Nationalmannschaft sowie der Kampfrichter und Helfer bei den Freigewässer-Wettkämpfen durch arena: Immer verknüpfen sich konkrete Erlebnisse und die Begegnungen von Menschen mit der Unterstützung der Partner und ihrer Marken. Was in normalen Jahren eine Stärke und in Teilen auch ein Alleinstellungsmerkmal der erfolgreichen Kooperationen der DLRG ist, wandelte sich 2020 unter den Bedingungen der Co- rona-Pandemie in ein Hindernis. Sowohl die FITNASS-Tour als auch die Wettkämpfe der DLRG Trophy sowie der Internationa- le DLRG Cup in Warnemünde mussten abgesagt werden – und im Gegensatz zu einigen Projekten der DLRG mit NIVEA war es auch nicht möglich, diese Veranstaltungen digital abzubilden. So fühlte sich das Jahr für alle Beteiligten fast wie ein Jahr im Dornröschenschlaf an, auch wenn natürlich hinter den Kulissen alle Vorbereitungen und Absprachen für eine Wiederaufnahme der Projekte nach dem Ende der Pandemie getroffen wurden. Ein besonderer Dank der DLRG gilt in diesem Zusammenhang ihren Wirtschaftspartnern, die trotz der Corona-Einschränkun- gen an der Zusammenarbeit festgehalten haben und mit viel Verständnis auf die Absagen und Terminverlegungen der ein- zelnen Projekte reagiert haben. Die DLRG hofft, dass – im Ge- gensatz zu Dornröschens Schlaf im Märchen – die Projekte deut- lich früher als die märchenhafte Prinzessin wieder wachgeküsst werden können. r a h c s t t i D h p e t S : o t o F Die erfolgreichen Sportler der DLRG Nationalmannschaft werden von arena ausgestattet. Jahresbericht 2020 35

KOMMUNIKATION Vorsorge für den Ernstfall In Krisen richtig kommunizieren W ie kommunizieren, wenn die Krise eintritt? Um diese zentrale Frage ging es Ende Januar im Bundeszen- trum in Bad Nenndorf beim Forum Verbandskommunikation. Im Mittelpunkt stand dabei auch das neu geschaffene DLRG Krisenportal in Zusammenarbeit mit dem Krisenforschungsinstitut »Krisennavigator«, das den Verband für den Ernstfall wappnen soll. In Zeiten von Smartphone und sozialen Medien können Krisen Organisationen binnen Sekunden erreichen. Ebenso rasend schnell entsteht die Erwartungshaltung an die betroffene Or- ganisation, öffentlich Position zu beziehen. Wie vielfältig und eigenständig Krisen sein können, zeigte sich beim Forum Ver- bandskommunikation, wo über 100 Vertreter von Bundes- und Landesverbänden, Bezirken und Ortsgruppen zusammenka- men, um Aufbau und Funktion des künftigen DLRG Krisenpor- tals kennenzulernen und bei realitätsnahen, wenn auch fiktiven Fällen, das Verhalten im Ernstfall zu erlernen. Die Zielsetzung der DLRG ist es dabei, sich auf kommunikative und operative Krisen vorzubereiten, um Schaden vom Verband abzuwenden. Denn das in heutigen Zeiten eine größere Krise Unternehmen wie auch Organisationen jederzeit unvermittelt treffen kann, ist nicht unwahrscheinlich. Das Krisenpotenzial reicht von bi- lanziellen Problemen (Pleiten), über kommunikative Skandale (Bedrohung von Vermögenswerten oder Reputation) bis hin zu operativen Krisen (Brände, Naturkatastrophen). Vom DLRG Krisenportal, das in Zusammenarbeit mit dem Krisenforschungsinstitut »Krisennavigator« aus Kiel erarbei- tet wurde, verspricht sich die DLRG den Nutzen, im Krisenfall handlungsfähig zu sein und das Wissensmanagement zu ver- bessern, das heißt, Muster und Ablaufroutinen für akute Kri- sen zu erlangen. Das Portal stellt der DLRG ein mehrstufiges Krisenmanagementsystem bereit. Von wichtigen Vorgehens- weisen zu möglichen Szenarien bis hin zur Ablauforganisation und dem richtigen Management bietet es die bestmögliche Vor- bereitung für den Krisenfall. Der Zugang zum Portal begrenzt sich auf Teile des Bundesverbandes und der Landesverbände. t l i e n e R é r d n A - l Teilnehmer des Forums Verbandskommunikation in Bad Nenndorf während einer Krisenübung. i e n a D : o t o F Bezirke und Ortsgruppen erhalten zwar keinen Zugang, bekom- men aber eine Informationsgrundlage. Im Portal selbst gibt es für beteiligte Personen des Krisenmanagements klare Rollenzu- teilungen und Beschreibungen der Rolle im Krisenfall. Handelt es sich beim Krisenfall um ein regional beschränktes Ereignis, kann die Koordination auch an den jeweiligen Landesverband übertragen werden. r a h c s t t i D h p e t S : o t o F Einige Teilnehmer mussten sich beim Forum kritischen Reporter- fragen stellen. Image als Chance und Risiko Gerade der DLRG bieten sich im Krisenfall Chancen und Risi- ken zugleich. Mit dem grundsätzlich sehr positiven Gesamt- bild in der Bevölkerung und einem hohen Ansehen verfügt der Verband über ein enormes Pfund, so die einhellige Meinung interner wie externer Gäste beim Forum Verbandskommunika- tion. Das Reputationspolster sei groß und könne im Krisenfall hilfreich sein. Andererseits sei die Enttäuschung mindestens ebenso groß, wenn wirklich etwas grundlegend schiefgehen würde. Die persönliche Enttäuschung bliebe den Menschen län- gerfristig in Erinnerung. »Schon ein schwarzes Schaf macht die Herde grau,« weiß auch DLRG Präsident Achim Haag um dieses Risiko. Bei einem allgemein positiven Image und einer hohen Reputation sei ein Ansehensverlust umso schädlicher. Doch ge- rade in Zeiten der Krise helfe es oft, auf die gute Rolle und die »Konstante DLRG« hinzuweisen, so Frank Roselieb vom »Kri- sennavigator«. Dazu braucht es funktionierende Strukturen und Kontrollmechanismen – und für den Fall der Krise eine vorberei- tete und einheitliche Kommunikation. Das DLRG Krisenportal, das nun weiter ausgerollt wird (was sich durch die Corona-Pan- demie verzögerte), ist dafür ein wichtiges Instrument. Jahresbericht 2020 37

die Ortsgruppe bislang nicht. Ein gepachtetes Grundstück gibt es zwar schon seit einiger Zeit, doch lange fehlte es am Geld für die Umsetzung. Der Verein baute Rücklagen auf, fand mit der Zeit Unterstützer für das etwa 63.000 Euro teure Projekt und beantragte einen Zuschuss von 12.700 Euro beim DLRG Bun- desverband. Dank externer Förderungen und zahlreicher Eigen- leistungen wurde der Traum vom eigenen Vereinsheim im ver- gangenen Jahr Wirklichkeit. Die Ortsgruppe errichtete auf dem Gelände des Freibades in Bad Laasphe eine 40 Quadratmeter große Blockhaushütte samt Anbauschuppen als Lagerfläche, überdachter Terrasse sowie Strom- und Wasseranschluss. Bei der DLRG Rheingau währenddessen hat die Blockhütte nach fast 40 Jahren ausgedient. Darin beheimatet war die Wasser- rettungsstation der Kreisgruppe am Rhein bei Oestrich. Sowohl für die Zentrale Rettungsleitstelle im Rheingau-Taunus-Kreis als auch die Berufs- und Sportschifffahrt sind die Wasserretter wäh- rend der Wassersportsaison von Mitte April bis Ende September eine verlässliche Größe. Die einzige rechtsrheinische Wachsta- tion zwischen Wiesbaden und Koblenz deckt den Bereich des Inselrheins ab, wo besonders viele Kajaks, Kanus, Ruder-, Segel- und Motorboote unterwegs sind. Die Behausung der Station hat während der vergangenen 40 Jahre unter den Witterungsein- flüssen gelitten. Vor allem die Fundamentbalken aus Holz wur- den stark beschädigt. Deshalb entschloss sich die Kreisgruppe zur Neuerrichtung des Gebäudes auf dem noch intakten Beton- sockel. Die Station sollte umgebaut und auch erweitert werden, um den Anforderungen an eine moderne Wasserrettungswache zu entsprechen. Etwas mehr als 200.000 Euro wurden dafür ver- anschlagt. Der DLRG Bundesverband beteiligte sich mit 41.000 Euro aus dem Strukturfonds. Während die Rettungsschwimmer bei Oestrich in der nächsten Wassersportsaison ihre neue Station in Betrieb nehmen wollen, soll bei der DLRG Stade erstmals das neue Motorrettungsboot vom Typ »Fast Rescue Boat RB20-690ZD« zum Einsatz kommen. Zugleich können die Lebensretter aus dem hohen Norden das Boot »Good Will« nach 30 Jahren in den Ruhestand schicken. Unzählige Einsätze auf der Elbe und ihren Nebenflüssen hat dieses auf dem Buckel. Den Verschleiß an Antrieb und Aus- rüstung konnten auch regelmäßige Modernisierungen und In- standsetzungen nicht dauerhaft aufhalten. Ein neues Rettungs- boot sollte her. Hierfür konnten viele zweckgebundene Spenden gesammelt werden. Zudem beteiligten sich der Landkreis und auch der DLRG Landesverband Niedersachsen finanziell. e d a t S G R L D : Übergabe des neuen Bootes an der Werft (v. l.): Maik Hippauf (Tech- nischer Leiter) und Christian Schaarschmidt (1. Vorsitzender) von der DLRG Stade mit Dr. Ing. Hannes Hatecke. o t o F : o t o F SPENDEN Der Bundesverband bezuschusste das etwa 125.000 Euro teure Vorhaben mit 15.000 Euro. Im Herbst erfolgte in der Bootswerft Hatecke die Kiellegung des Rettungsbootes, das ab der kom- menden Saison den Namen seines Vorgängers tragen wird. t r e n r e W a c u L : o t o F Der Vorsitzende der Ortsgruppe Rastatt, Horst Müller, erhält eine der neuen Drohnen von Fundraising-Leiter Achim Wiese. Neue Drohnen für die Wasserrettung Dank einer großen Summe an zweckgebundenen Spenden konnte die DLRG im vergangenen Jahr auch fünf neue Drohnen im Gesamtwert von rund 26.000 Euro an ausgewählte Gliede- rungen überreichen. Mit den Fluggeräten ist eine systematische Suche über großen Flächen und die Ortung verunglückter Per- sonen in kürzester Zeit möglich. Neben dem Bundesverband erhielten vier Gliederungen aus dem Bundesgebiet die neuen Hilfen für den Einsatz. Die Standorte wurden nach Einsatzkon- zepten und Anwendungsgebieten sowie den lokalen Einsatz- strukturen ausgewählt. Zudem sollte eine Verteilung über die ganze Bundesrepublik gewährleistet werden. Die ausgewählten Ortsgruppen übernehmen neben der Drohne auch die Funktion von Multiplikatoren. Dazu zählen die regelmäßige Beratung und ein stetiger Erfahrungsaustausch mit anderen Gliederungen in der Region sowie jährlich das Angebot eines Wochenend- lehrganges. Für die Projektlaufzeit von vier Jahren gingen die Drohnen mit jeweils reichhaltigem Zubehör an die Ortsgruppen St. Peter-Ording (Schleswig-Holstein), Haltern am See (Westfa- len), Pirna (Sachsen) und Rastatt (Baden). »Unser Ziel ist es, die Ausbildung für die Steuerer von Drohnen in der Fläche zu er- möglichen,« so Achim Wiese, Leiter Fundraising der DLRG. Und weiter: »Wir sind stolz auf unsere Förderer und Spender, dass sie mit ihrer Hilfe uns derart großartig bei unserer Kernaufgabe, dem Einsatz und der Hilfe der Menschen, unterstützen.« Diese tatkräftige Unterstützung ließen die DLRG Förderer im vergangenen Jahr auch dem Zentralen Wasserrettungsdienst- Küste (ZWRD-K) zuteilwerden. Um im Sommer die Gesundheit der Rettungsschwimmer an den Wasserrettungsstationen zu schützen, hatten die Verantwortlichen massiv in Schutzmaßnah- men investiert. »Wir haben uns entschieden, selbstfinanziert Material wie einfache OP-Masken und FFP2-Masken, Visiere, Schlauchschals und Desinfektionsmittel an den Stationen zur Verfügung zu stellen,« so der Leiter der Koordinierungsstelle ZWRD-K, Peter Sieman. Hierbei haben zweckgebundene Spen- den sehr geholfen. Jahresbericht 2020 39

SPENDEN auf soziale Medien, Suchmaschinen, E-Mailings und Websei- ten. Seit Herbst 2019 liefert der Spendenshop auf der DLRG Homepage Informationen über konkrete Produkte und deren Einsatzmöglichkeiten. So wird direkt zu Beginn der Spende deutlich, wofür das Geld eingesetzt und gebraucht werden kann. Spenden sind dabei zweckungebunden und entspre- chen einem beispielhaften Zweck. Der Spendenshop ist auch in Zeiten zunehmenden Umweltbewusstseins ein Mittel für die Spendengenerierung der Zukunft. Mittlerweile können Un- terstützer auch eine DLRG Patenschaft übernehmen. Das 2020 gestartete Programm ermöglicht es Menschen, sich nachhaltig für die Aufgabengebiete einzusetzen, die ihnen besonders am Herzen liegen. Die DLRG Paten unterstützen dauerhaft einen oder mehrere der Bereiche Aufklärung, Ausbildung und Ret- tung. Dafür erhalten sie eine Patenschaftsurkunde, werden regelmäßig über die Aufgabengebiete informiert, die sie inte- ressieren und bekommen exklusive Zugaben. Austausch vor Ort bleibt aus Anders als in den Jahren zuvor war es der DLRG 2020 fast nicht möglich (zwei Bootsfahrten auf Weser und Neckar aus- genommen), ihre engsten Freunde und Förderer auf Veran- staltungen zu treffen. Bei diesen Treffen erleben die Spender normalerweise die DLRG hautnah: Sie besichtigen Wasser- rettungsstationen und erhalten Einblick hinter die Kulissen, fiebern bei Wettkämpfen mit den Rettungssportlern mit oder unternehmen eine Fahrt mit einem Rettungsboot. Dabei findet oft ein reger Austausch über künftige Aufgaben und Visionen statt. Außerdem hat die DLRG hier zumeist einen besonderen Rahmen, um sich zu bedanken. Die für eine Reise anfallenden Kosten tragen die Teilnehmer selbst. 2020 waren unter ande- rem Förderertreffen in Traunstein und Bad Nenndorf sowie die jährliche Reise zum Internationalen DLRG Cup nach War- nemünde geplant. Viele Förderer hatten sich bereits für diese und weitere Veranstaltungen angemeldet, die in der Pandemie dann jedoch nicht stattfinden konnten. Die Förderer hatten für die notwendigen Absagen Verständnis und zeigten sich gerade in der Krise solidarisch. Die DLRG nutzte andere Wege, ihren Förderern zu sagen, wie wichtig sie sind, und die gemeinsame Beziehung mit ihnen zu pflegen. Höltje: »Austausch und Zu- sammenhalt sind der Grundpfeiler jeder starken Gemeinschaft – gerade in der Krise.« p m a k t s e W n a i l i K : o t o F Auch DLRG Präsident Achim Haag (rechts) sucht während der Ver- anstaltungen den direkten Austausch mit den Förderern. Jahresbericht 2020 41 In Hamburg freuen sich die Lebensretter über »Olaf«. einigen Jahren selbst aus dem Wasser gerettet und weiß des- halb die ehrenamtliche Arbeit der DLRG zu schätzen. Auch der Berliner ergänzte die Ausstattung der Rettungskräfte um eine Zusatzspende mit Schutzausrüstung, Westen und Helmen. »Diese großzügigen Spenden helfen uns natürlich enorm bei der Ausstattung der Einsatzmannschaften. Dafür sind wir den Spendern sehr dankbar,« sagt der für das Fundraising zustän- dige Vizepräsident Hans-Hermann Höltje. »Genauso wichtig sind aber auch die vielen Förderinnen und Förderer, die uns mit kleineren Spenden bedenken. Sie bilden gemeinsam eine tragende Säule für unsere lebensrettende Arbeit. Auch ihnen können wir kaum genug danken,« so Höltje weiter. Spenden sichern bereits seit langem die finanzielle Stabilität. Derzeit unterstützen über 1,1 Millionen Menschen regelmäßig das Engagement der DLRG in der Aufklärung über Wasser- gefahren, Schwimmausbildung und Wasserrettung. Um Men- schen für das lebensrettende Engagement zu gewinnen, nutzt der Bundesverband zum einen das Instrument der personali- sierten Spenderbriefe. Auf diese Weise werden Informationen über die laufenden Aktivitäten und Bitten um Unterstützung für konkrete Anlässe effizient miteinander verbunden. Zudem erreicht diese Kommunikation eine hohe und exakt messba- re Kontaktzahl von Lesern und begründet eine direkte, indi- viduelle Kommunikation mit den Förderern. Alle Anfragen im Fundraising werden von den Mitarbeitern der Fördererbetreu- ung zeitnah und umfassend beantwortet. Ihre Aufgabe ist es, überdurchschnittlich engagierte Spender überdurchschnittlich zu betreuen. So entstehen dauerhafte Beziehungen. Über die Jahre hat sich eine lebendige Kommunikation entwickelt, die es erlaubt, die Unterstützer aktiv einzubeziehen. Seit drei Jahren ist die DLRG dabei, das Online-Fundraising im Verband als weiteren Pfeiler der finanziellen Unterstützung zu etablieren. »In Zukunft sehen wir – vor allem demografi- schen – Veränderungen entgegen, mit denen auch im Spen- denverhalten potenzieller Förderer Änderungen einhergehen werden. Deshalb müssen wir hier neue Wege gehen und wir sind froh, dass sich dieser Bereich im vergangenen Jahr sehr positiv entwickelt hat«, so Vizepräsident Höltje. Online für die DLRG spenden zu können, ist nicht neu. Neu ist allerdings die strategische Ausrichtung, mit der der Bundesverband das Fundraising im Netz betreibt. Die aus dem strategischen Ent- wicklungsprozess hervorgegangenen Maßnahmen zielen ab

FINANZEN Der Finanzbericht 2020* Das Finanzkonzept im Bundesverband Die wirtschaftliche Lage Die allgemeine wirtschaftliche Lage in Deutschland als ein wesentlicher Faktor auch für unsere Verbandsentwicklung hat sich im Jahr 2020 coronabedingt alles andere als stabil erwie- sen. Der Mitgliederbestand der DLRG ist im Vergleich zum Vor- jahr trotzdem nur leicht zurückgegangen. Vor allem Neuein- tritte im Bereich der Schwimmausbildung wurden schmerzlich vermisst. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen und Hygiene- bestimmungen waren hier Angebote kaum möglich. Den Beitragsanteil von 5 Euro hatte die Bundestagung 2017 mit Wirkung ab 2020 auf 5,25 Euro leicht erhöht. Vor dem Hin- tergrund der weitgehend stabilen Größe der Beitragseinnah- men bleibt dieser Teil der Finanzierung als verlässliche Eigen- mittel eine wichtige Grundlage und wird nach Beschluss der Bundestagung von 2020 an sukzessive über vier Jahre erhöht werden. Aufgrund der Erfahrungen aus den vergangenen Jah- ren ist der Bundesverband zudem zuversichtlich, dass die Zahl der Förderer weiterhin noch wachsen kann. Dagegen bleibt die Beschaffung von anderen finanziellen Mitteln wie das Ein- werben von öffentlichen Zuwendungen schwierig. Erschwe- rend kommt hinzu, dass trotz laufender politischer Initiativen weiterhin Kommunen aus Sparzwängen Hallen- und Freibäder schließen und somit die wichtigste Infrastruktur der DLRG und damit die humanitäre Arbeit und Mitgliederentwicklung in den Gliederungen einschränken. Im »Bädersterben« besteht inso- fern ein potenzieller Risikofaktor für einen deutlicheren Mit- gliederrückgang. Im Umfeld allgemeiner Kostendynamik bleiben weiterhin Spenden, Beiträge, sonstige Zuwendungen und Erlöse aus wirtschaftlicher Betätigung die tragenden Säulen der Finanzie- rung. Den Spenden ist in diesem Finanzierungsmix die größte Bedeutung zuzurechnen. In der Spendenakquise begründete die DLRG vor rund 25 Jahren ihre heute noch erfolgreiche Strategie. Dies betrifft das gezielte zentrale Einwerben und Betreuen von Spendern und Förderern durch Kommunikation per klassischem Brief. Zu diesem Zweck hatte der Bundesver- band mit Landesverbänden und Gliederungen als tragende Struktur ein gemeinsames »Zweckvermögen« eingerichtet, das die Bereitstellung der eingeworbenen Spendenmittel für zentrale, regionale und lokale Zwecke realisiert. Dieser Ansatz wurde zwischenzeitlich durch Aktivitäten des Bundesverban- des unmittelbar abgelöst. Künftig werden die zentral einge- worbenen Spenden über den Bundesverband abgewickelt und zur Hälfte an die Landesverbände verteilt, die wiederum ihre Untergliederungen damit bedenken. Dank der verlässlichen Unterstützung der Förderer bilden die Spenden das Rückgrat der Finanzierung unserer humanitären Arbeit. Die DLRG blickt an dieser Stelle voller Dankbarkeit zurück auf ihre Mäzenin, Margot Probandt-Franke, die ihr Vermögen der von ihr bereits zu Lebzeiten eingerichteten Stiftung hinter- lassen hat. Aus den Erträgen dieser Stiftung werden Aufgaben der DLRG gefördert. Im aktuellen Berichtsjahr konnte eine Zu- weisung von 250.000 Euro bereitgestellt werden. Der Betrag ist für Förderprojekte in den Basisgliederungen und der zentralen innerverbandlichen Aus- und Fortbildung verwendet worden. Daneben hat der Bundesverband im Jahr 2006 entschieden, die (Dach-)»Stiftung für Wassersicherheit« zu gründen. In die- ses Konzept wurde die Anbindung von Stiftungsvermögen der Landesverbände und Gliederungen einbezogen, um ihnen den Weg zu eigenen (unselbstständigen) Stiftungen in vereinfach- ter Form zu ermöglichen. Bis zum Ende des Wirtschaftsjahres wurden bereits Legate in Höhe von über 7,9 Millionen Euro in die Stiftung überführt. Zwischenzeitlich hatten sich 17 Tochter- stiftungen (Treuhandstiftungen) mit einem Stiftungskapital von insgesamt rund 2,8 Millionen Euro angeschlossen. Diese aus zweckbestimmten Nachlässen und Zustiftungen, von Stiftern, Untergliederungen oder der DLRG-Jugend gegründeten Treu- handstiftungen unterstützen dauerhaft die Arbeit der DLRG mit ihren Erträgen im regionalen oder zweckbezogenen Umfeld. Ge- tragen von der Hoffnung, dass sich auch mit konservativer Ver- mögensverwaltung auf einem schwierigen Kapitalmarkt noch Erträge erzielen lassen, stehen auch künftig Zuwendungen aus Stiftungen – wenn auch in begrenzter Höhe – zur Verfügung, um die satzungsgemäße Aufgabenerfüllung in der nötigen Qualität auf Dauer zu gewährleisten. Der Finanzbericht bildet nicht die Zahlen des Haushalts der DLRG-Jugend ab, die die ihr zufließenden Mittel gemäß den Prinzipien in der Kinder- und Jugendpflege selbstständig ver- waltet. Ihr Jahresergebnis wird allerdings im kumulierten Ab- schluss mit aufgeführt, der im Internet veröffentlicht ist. Eben- falls nicht einbezogen sind die Wirtschaftszahlen der rund 2.000 Untergliederungen der DLRG bundesweit. Sie erstellen ihre Abschlüsse getrennt und eigenverantwortlich. Dies gilt auch für die ausgelagerten Strukturen, die ideelle DLRG-Stiftung sowie die kommerzielle DLRG Service Gesellschaft mbH. Alle im Rah- men dieses Finanzberichtes dargestellten Zahlen spiegeln den Stand der Jahresrechnung 2020 zum Zeitpunkt der Erstellung dieses DLRG Jahresberichtes wider. Der nachlaufend im Inter- net veröffentlichte Bericht des Wirtschaftsprüfers (einschließlich Anhang mit Lagebericht, Bestätigungsvermerk und der soge- nannten Vier-Sparten-Rechnung) kann in seinen Zahlen deshalb noch im Einzelfall abweichen. Aussagen über die Ertragslage Erträge aus dem ideellen Bereich (Beiträge und Spenden), dem »Zweckbetrieb« Zentraler Wasserrettungsdienst-Küste und er- gänzend dem wirtschaftlichen Bereich der Materialstelle sind unverzichtbare Teile einer breit ausgerichteten Finanzierung. Das operative Rohergebnis des wirtschaftlichen Geschäftsbe- triebes »Materialstelle« hat sich gegenüber dem Vorjahr deut- * Abgeleitet aus der vorläufigen Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Projektrechnung des Bundesverbandes der DLRG. Jahresbericht 2020 43

Kernbereiche der Mittelverwendung (in Tausend Euro) Aufklärung Projekte Öffentlichkeitsarbeit, Verbandszeitschrift Lebensretter Ausbildung und Nachwuchsarbeit Bildungsarbeit (Seminare, Fachtagungen etc.), Jugendarbeit, Bundesfreiwilligendienst Rettungseinsatz Rettungssport, Medizin, Wasserrettung, Zweckbetrieb-Küste, Hochwassereinsatz/EU-Modul Sonstige Aktivitäten z.B. Strukturfonds, Förderung von Einsatzmaterial, Spendenweiterleitung und -werbung, Ausbau Bundes- zentrum und Verbandsstruktur, Geschäftsführung, Personal- und Verwaltungsaufwendungen FINANZEN 2020 1.050 2019 864 1.494 1.833 3.578 3.029 30.042 12.597 abzeichen nach der »Deutschen Prüfungsordnung« gemein- sam mit den anderen ausbildenden Verbänden verwaltet und in Vernetzung mit den Schulen (über die Kultusministerkon- ferenz) die einheitlichen Ausbildungsgrundlagen weiterent- wickelt sowie an seine Mitglieder (die beteiligten ideellen Verbände) Erträge zur Mitfinanzierung ihrer ideellen Arbeit ausschüttet. Mittelverwendung In den Zuschüssen für Projekte sind in erheblichem Umfang Leistungen und Förderungen an die Landesverbände und de- ren Untergliederungen enthalten. Sie sind wesentlich für den Ausbau und die Fortentwicklung der Präventionsangebote und des Wasserrettungsdienstes. Die Mittel sind unter anderem projektbezogen aus Stiftungsmitteln und aus dem Struktur- fonds des Bundesverbandes verwendet worden. Allein über 416.200 Euro Spendenmittel wurden über den Strukturfonds für innovative Entwicklungsprojekte an Untergliederungen weitergeleitet. An die DLRG-Jugend (Bundesebene) wird für deren kinder- und jugendpflegerische Arbeit durch Beschluss der Bundes- tagung seit 2020 ein erhöhter Globalzuschuss in Höhe von elf Prozent der gesamten Beitragsanteile des Bundesverbandes (dies entspricht 341.000 Euro) bereitgestellt. Für die Jugend- arbeit erhält sie ergänzend eine unmittelbare Zuwendung aus dem Familienministerium. Über die konkrete Verwendung ent- scheidet die Bundesjugend im Rahmen ihrer eigenen Perso- nal- und Sachkompetenz. Die Aufwendungen für das Personal der Bundesgeschäfts- stelle insgesamt ergeben sich außerhalb des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes zum einen durch reine Verwaltungstätig- keit und zum anderen, zum größeren Teil, für die Sach- und Projektarbeit im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben der Fachressorts. Die arbeitsvertraglichen Bedingungen orientie- ren sich am Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TVöD). Der Vorstand der DLRG (Präsidium) ist dagegen unentgeltlich und rein ehrenamtlich tätig. Jedes Präsidiumsmitglied erhält ledig- lich eine Erstattung nachgewiesener Auslagen. Als größte freiwillige Wasserrettungsorganisation der Welt sieht es die DLRG als selbstverständliche Pflicht an, im Rah- men ihrer Mitgliedschaft im Weltverband der ILS und im Konti- nentalverband ILS Europe (ILSE) ihr Wissen und ihre Erfahrun- gen an andere Organisationen weiterzugeben und den Aufbau der dortigen Strukturen zu begleiten. Insgesamt wurden für die internationale Arbeit 21.200 Euro aufgewendet. Der DLRG Bundesverband hat im Rahmen des Bundesfreiwil- ligendienstes (BFD) den Status einer Zentralstelle und eröff- net damit den Gliederungen den Zugang als Einsatzstelle für dieses Instrument des bürgerschaftlichen Engagements. Der Bundesverband bündelt die administrativen Aufgaben, infor- miert alle Beteiligten über die sich entwickelnden Bedingun- gen und unterstützt den Ausbau von Einsatzstellen sowie die Vermittlung der Freiwilligen und deren Aus- und Fortbildung. Dazu hatte er im Jahr 2020 mit 638.900 Euro erhebliche Auf- wendungen, die die Fördersumme aus dem Familienministeri- um zweckbestimmt abdecken. Für den zentralen Zweckbetrieb Wasserrettungsdienst-Küste sind im Berichtsjahr 2020 weiter- hin Aufwendungen in Höhe von 1.670.800 Euro angefallen. Die Vermögensentwicklung Das Vermögen der DLRG e. V. hat sich deutlich vermehrt, ist aber in wesentlichen Teilen in der Immobilie des Bundeszen- trums in Bad Nenndorf angelegt: die Bundesgeschäftsstelle wird regelmäßig durch notwendige Instandhaltungsmaßnah- men und Um- und Erweiterungsbauten aufgewertet und folgt so dem veränderten Nutzungsbedarf. Auf Beschluss des Präsi- dialrates wurde im Jahr 2019 die Bundesschule mit dem Hotel- bereich der DLRG um 21 Zimmer erweitert. Im Wirtschaftsjahr 2020 fielen dafür noch nachlaufende Baukosten an. Der größte Anteil davon wird durch langfristige Bankdarlehen finanziert, sodass sich die liquiden Mittel durch die Spendeneinnahmen deutlich verbessern konnten. Rücklagen und Rückstellungen Die freie Rücklage nach § 62 Abs. 1Nr. 3 der Abgabenordnung wurde im Rahmen der steuergesetzlichen Möglichkeiten um circa 3 Millionen Euro erhöht. Das Jahr 2020 wurde dabei auch durch die Maßnahme der steuerlich möglichen Übergabe der freien Rücklage an DLRG Untergliederungen im Zuge der Auflösung des Zweckvermögens geprägt. Zur Sicherung der Rücklage und Stärkung der Leistungsfähigkeit wird die ent- sprechende Liquidität ertragbringend angelegt. Jahresbericht 2020 45

IMPRESSUM Herausgeber: Präsidium der DLRG Verantwortlich i. S. d. P.: Frank Villmow Redaktion: Achim Wiese, Martin Holzhause, Fabian Preuss Autoren: Anne-Kathrin Pöhler, Thomas Matthews Layout: Sascha Kühne Titelfoto: Denis Foemer Druck: QUBUS media GmbH, Beckstraße 10, 30457 Hannover Redaktionsanschrift: DLRG Bundesgeschäftsstelle, Im Niedernfeld 1–3, 31542 Bad Nenndorf Kontakt: Tel.: 05723 955-440, E-Mail: kommunikation@bgst.dlrg.de GENDER-HINWEIS Zur besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Bericht überwiegend die männliche Form (generisches Maskulinum) verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grund- sätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung. HINWEIS ZU DEN BILDERN Nur ein Teil der Bilder in diesem Bericht stammt aus dem Jahr 2020. Viele Fotos sind bereits vor der Corona-Pandemie entstanden, als AHA-Regeln, Kontaktbeschränkungen und weitere Regelungen noch nicht galten.