mm agazin Was zeichnet Ihrer Auffassung nach eine gute Schwimm- ausbildung/schwimmerische Grundausbildung aus? Grundlegend ist es wichtig, dass man sich mit dem Wasser vertraut macht und sich mit dessen spezifi schen Eigenschaf- ten auseinandersetzt. Diese sind ja ganz anders als an Land. Erstmal ist wichtig: Rein ins Wasser und untertauchen. Luft anhalten, nicht verschlucken. Es muss so ein Wohlfühlding werden. Dann hat der Körper die besten Voraussetzungen, um zu spüren, dass das Wasser ihn tragen kann. Das Ganze baut auf den Grundfertigkeiten auf: Untertauchen, Atemkontrolle, Atemanhalten, Schweben, Gleiten, später mit Abstoßen. Auch das Springen vom Beckenrand gehört dazu. Grundsätzlich ist das Schwimmen aber anders als das Laufen. Laufen haben wir uns von Anfang an, ja meist im ersten Lebensjahr, müh- sam über das Krabbeln an Land erarbeitet. Im Wasser macht ist ein relevantes Thema. Wasser NRW, jede fünfte deutschlandweit. Wir haben aber festge- stellt: Multiplikatorenausbildung reicht nicht. Lehrkräfte su- chen nach Unterstützung und Schwimmen ist ein gesell- schaftlich toller Bewegungsraum. In der Fachliteratur sind sich Experten ei- nig, wie man Schwimmen vermitteln soll. In der Praxis wird das den Lehrkräften anders vermittelt. Auch Eltern erwarten anderes. Die Vermittlung der schwimmerischen Grundfertigkeiten kommt viel zu kurz. In der Schwimmausbildung wird viel zu schnell und zu häufi g auf die Arbeit an einer Schwimmtechnik gesetzt. Woran liegt das? Dazu haben wir Lehrkräfte befragt: »Was guckt ihr euch an, wie baut ihr euren Unterricht auf?«. Daraus hat sich ein Forschungsschwerpunkt entwickelt: die Diagnostik, also die Erhebung des Lernstandes, der Anfangs- punkt im Unterricht. Wir haben für das Schwimmenlernen in den letzten Jahren ganz explizit eine Lernstandsdiagnostik entwickelt, den sogenannten Eulenblick. Dieses Verfahren soll Lehrkräfte darin unterstützen, passenden Unterricht zu pla- nen und umzusetzen. Wie lehren Ausbilder oder Lehrer am besten das Schwimmen? Am besten schaut man sich die Gruppe, die man vor sich hat, zunächst genau an und analysiert ganz spezifi sch in Sachen Grundfertigkeiten. Bei knappen Wasserfl ächen und wenigen Ressourcen ist Schwimmunterricht oft nicht lang. Daher müs- sen wir sicherstellen, dass die Basis stimmt, bevor Kinder den nächsten Schritt machen. Können Kinder beispielsweise schon gut schwimmen, brauchen sie nicht das x-te Wasser- spritzspiel. Ein Kind, das sich im Wasser wohlfühlt und schon fortbewegen kann, sollte Schwimmtechniken lernen, um län- ger und sicherer im Wasser zu sein. Ein Kind, das scheu ist und noch überhaupt nicht untertaucht, braucht erstmal Lern- anlässe und Spiele, um genau das zu erlernen. Schwimmtech- niken im Trockenen sind dann nicht hilfreich. Ein Kind wird die Bewegungen erst dann ausführen, wenn es weiß, dass das Wasser es wirklich trägt. Die Herausforderung in der Schwimmvermittlung liegt darin, dass ich meistens Gruppen mit Lernenden habe – gerade in der Schule –, die auf einem unterschiedlichen Stand sind. Hier muss ich gut analysieren können. Gibt es Qualitätskriterien einer guten Lehre? Es ist ein gutes Maß an Qualität, wenn man es schafft, jedem Kind die Möglichkeiten der Weiterentwicklung, also Lernzu- wächse zu ermöglichen. Grundsätzlich werde ich erfolgrei- cher sein, wenn die Lerngruppe etwas kleiner ist – eine Be- treuungszahl von eins zu sechs wäre optimal. Ein weiteres Qualitätskriterium: Wenn man auf Basis der Grundfertigkeiten das Schwimmen vermittelt, dann ist der Einsatz von Materia- lien zur Unterstützung des Auftriebs sehr reduziert. Er sollte durchdacht und dosiert sein. Schwimmunterricht sollte au- ßerdem nicht auf zehn Stunden begrenzt sein, denn das Schwimmenlernen dauert einfach. Kinder, die noch nicht un- tertauchen können, können nicht in zehn Stunden das Schwimmen erlernen. Daher ist es insbesondere im außer- schulischen Bereich ratsam, solche Angebote auf eine länge- re Dauer anzulegen. d n u m g e S i l e a h c i M : ) 2 ( s o t o F es anders Mühe. Kinder und Lernende müssen in eine neue Umgebung sprichwörtlich eintauchen und dort erst dieses Wohlgefühl kennenlernen, bevor sich daraus eine Sportart mit verschiedenen Schwimmtechniken entwickeln kann. In Schwimmgruppen gibt es mitunter große Unterschiede im Können der Kinder. Manche sind direkt mutig; die einen können schon schwimmen, die anderen fangen erst bei der Wassergewöhnung an. Welche Folgen hat das für die Ausbildung und die Lehre des Schwimmens und was kann aus wissenschaftlicher Sicht getan werden? Die Herausforderung ist, dass ich nicht nur einen Schwimm- unterricht frontal mit allen machen kann. Es gibt keine strin- genten Lernreihen, die ich abarbeiten kann. Wenn ich bei der Planung des Unterrichts die Kinder nicht miteinbeziehe, ist es eher Zufall, wenn das Angebot dann für alle passt. Mit dem Eulenblick gibt es da ein diagnostisches Instrument zur Er- mittlung der Grundfertigkeiten im Wasser. Damit kann man gezielt herausfi nden, wo jedes Kind im Lernprozess steht und welcher der nächste Schritt ist, den es braucht. Ich denke da vor allem an das Untertauchen, ohne das nichts läuft beim Schwimmenlernen. Aktuell führen wir dazu eine Studie mit Lebensretter 3 . 2023 31