n iedersachsen t l i e n e R é r d n A - l i e n a D : o t o F DR. CHRISTOPH PENNING IM INTERVIEW Zurück zu regelmäßigen Schwimmkursen Die Corona-Pandemie hat ihre Spuren hinterlassen – ganz besonders in der Schwimm- ausbildung. Kurse wurden unterbrochen oder fielen aus, mit langen Wartelisten und vielen weiteren Nichtschwimmern zur Folge. Um dem Abwärtstrend entgegenzuwir- ken, müssten zwingend wieder regelmäßige Kurse stattfinden, fordert Dr. Christoph Penning, Leiter Verbandskommunikation der DLRG in Niedersachsen, in einem Inter- view mit der LR-Reaktion. Unter anderem seien ausreichende Wasserzeiten in Verbin- dung mit weniger Bäderschließungen und Konzepte für die Durchführung trotz 2Gplus nötig. Welche Engpässe gab es im Jahr 2021, insbesondere durch die anhaltende Corona-Pandemie? Durch die Corona-Pandemie sind viele Schwimmkurse ausge- fallen und konnten nicht zu Ende gebracht werden. Ebenso sind viele Ausbildungen und Lehrgänge ausgefallen, wenngleich vieles auch in Online-Form durchgeführt wurde. Hier muss ich sagen: Respekt an all unsere Ausbilderinnen und Ausbilder, die das oft so kurzfristig gestemmt haben. Die Langzeitfolgen der Pandemie im Hinblick auf unsere Arbeit sind aber im Grunde genommen noch gar nicht abzusehen. Welche Anstrengungen wurden unternommen, um die Wartelisten abzubauen? Viele Kommunen, Badbetreiber, Schulen und DLRG Ortsgrup- pen haben keine Kosten und Mühen gescheut, Urlaub und Feri- en geopfert, um besonders in den Sommerferien zusätzliche Schwimmkurse anzubieten. So war es auch in meiner Heimat- ortsgruppe Garrel. Das finde ich großartig. Hier haben wir als DLRG gezeigt, dass wir nicht nur fordern, sondern auch selbst Abhilfe schaffen. Der Bevölkerung haben wir damit vermittelt: Auf uns ist Verlass. Niemand von uns muss sich als DLRG ver- stecken, wir können selbstbewusst in die Zukunft schauen und haben mit dieser Hilfe auch für eine wesentliche, weitere Image-Verbesserung der DLRG in der deutschen Öffentlichkeit gesorgt. Welche Hürden gibt es weiterhin? Die dramatische Lage hinsichtlich der ausgefallenen Schwimm- kurse und der Nichtschwimmerzahlen haben zwar mitunter zu finanziellen Spenden geführt, auch zu Förderprogrammen durch die Politik, worüber wir natürlich sehr glücklich sind, aber finanzielle Förderung ist nur ein Teil. Nun wird nämlich deutl ich: Wir brauchen vor allem Wasserzeiten und weitere Ausbilde rinnen und Ausbilder, die den zusätzlichen Bedarf de- cken können. Hier muss ich klar sagen: Die Badschließungen der vergangenen Jahre haben dazu geführt, dass viele Orts- gruppen und auch Schulen keinen Zugang mehr zu Bädern haben. Hätte man diese bewahrt oder neue Bäder eröffnet (die keine reinen Spaßbäder sein sollten), hätten wir mehr Mög- lichkeiten, auszubilden und Kindern das Schwimmen beizu- bringen. Kommunen und Badbetreibern muss klar werden: Wer in der Vergangenheit Bäder geschlossen hat, der trägt eine Mitverantwortung an dieser kritischen Situation, in der wir uns befinden. Wie ist der Ist-Zustand? Wir gehen derzeit davon aus, dass zwischen 75.000 (ein durch- schnittlicher Geburtenjahrgang in Niedersachsen) und 150.000 Kinder im Zuge der Corona-Pandemie in Niedersachsen nicht schwimmen gelernt haben. Bis jetzt! Dazu kommen all diejeni- gen, deren Kurse nicht beendet werden konnten – und jene, die schon zuvor nicht oder nicht richtig schwimmen konnten, näm- lich etwa die Hälfte aller Viertklässler. Auch noch kurz vor Weih- nachten hat sich gezeigt, dass wir noch mitten in der Pandemie sind: Als die 2Gplus-Regel eingeführt wurde, beendeten viele Betreiber ihre Kurse vorzeitig, weil der enorme organisatori- sche Aufwand nicht mehr zu leisten gewesen wäre. Ich finde, hier muss es Ausnahmen für solch lebenswichtige Dinge wie Schwimmkurse geben. Wir reden hier schließlich nicht über das Lernen irgendeiner Sportart, sondern in erster Linie von einer Grundfertigkeit des Menschen, von lebensrettenden Kenntnis- sen. Wie werden sich die Zahlen in diesem Jahr weiterentwickeln? Sollte es weiterhin angesichts der Omikron-Variante und von 2Gplus zu Kursausfällen kommen, werden die Wartezeiten für Schwimmkurse mancherorts sogar auf drei bis vier Jahre steigen und wir bewegen uns ganz schnell auf weitere 75.000 Nichtschwimmer mehr bis zum Ende des Jahres zu. Ich hoffe, dass wir 2022 alle miteinander »die Kurve kriegen« und dass sich immer mehr Menschen impfen lassen, sodass wir aus dieser Pandemie herauskommen, die Schwimmkurse wieder regelmäßig und ohne zu hohe Auflagen stattfinden kön- nen und es uns somit gelingt, die Zahl der Nichtschwimmer ab- zubauen, anstatt zusehen zu müssen, wie diese weiter steigt. Wie soll es gelingen, die Schwimmausbildung trotz Einschrän- kungen zu ermöglichen? Ich gehe davon aus, dass auch in diesem Jahr zusätzliche Kurse durch Unterstützung unserer Ortsgruppen stattfinden werden. Daneben wird gemeinsam mit dem Land Niedersachsen das Projekt »Startklar in die Zukunft« auf den Weg gebracht: Das Land stellt in diesem Zuge einige Millionen Euro in einem Nachholprogramm zur Bewältigung der Corona-Folgen zur Ver- fügung. Davon entfallen etwa fünf Millionen Euro fürs Schwim- men, für klassische Schwimmkursförderung, für Qualifikatio- nen der Ausbilder (bis hin zum Lehrschein) und auch für mobile Schwimmbecken, mit denen man durchs Land touren und die- se an verschiedenen Orten aufbauen kann. II Lebensretter 1 . 2022