t opthema t opthema IM INTERVIEW mit Dagmar Freitag Wie steht es denn eigentlich aktuell um das Thema Bäderpolitik im politischen Berlin? Seit unserer Petition »Rettet die Bäder!« ist nun über ein Jahr vergangen. Höchste Zeit also, einmal nachzuhaken. Der Lebensretter führte dazu ein exklusives Interview mit Dagmar Freitag und stellte überdies die Frage, was denn DLRG-Gliederungen selbst tun können, um »ihr« Bad zu retten. Frau Freitag, Sie sind Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag. Welche Aufgaben haben Sie dort? Das ist klar geregelt. Ich habe dafür zu sorgen, dass die Sitzun- gen regelmäßig stattfinden und dass sie entsprechend unserer Geschäftsordnung ablaufen. Zudem kann ich Punkte für die Tagesordnung vorschlagen, wovon ich rege Gebrauch mache. Ein Punkt, den ich eben damals angeregt habe, war die öffent- liche Anhörung im Januar 2020 zum Thema Schwimmbäder in Deutschland, an der die DLRG als Expertin teilnahm. Ansonsten beschäftigen wir uns überwiegend mit den eher unappetit lichen Themen im Sport: Dopingbekämpfung, Eindämmen von Wettbe- trug oder aber ganz aktuell die Auswirkungen von Co rona auf den deutschen Sport. Davon sind wir natürlich besonders betroffen, da im November die Bäder ja wieder geschlossen sind. Da haben zigtausende Kinder jetzt das Schwimmen nicht lernen können. Was geht Ihnen da durch den Kopf? Viel Sorge! Seit einiger Zeit beobachten wir, dass immer mehr Kinder nicht vernünftig schwimmen können. Ich warne ja immer davor, ein Kind, das sich über Wasser halten kann, als sicheren Schwimmer zu bezeichnen. Sicheres Schwimmen ist was ganz anderes, als vielleicht vom Rand ins Wasser zu springen und sich ein paar Meter über Wasser zu halten. Die Tat sache, dass Bäder geschlossen sind, ist da natürlich nicht gut. Da werden wir dem- nächst viel nachzuarbeiten haben. Der überwiegende Teil der Kosten eines Schwimmbads sind die Betriebskosten. Ein Bad an sich ist relativ schnell und günstig gebaut, aber mit den Betriebskosten haben viele Kommunen dann zu kämpfen. Was kann denn da überhaupt von staatlicher Seite gemacht werden? Hier muss man die Kommunen unterstützen, dass sie Bäder nicht nur bauen, sondern auch betreiben können – viele Städte tun das ja auch. Ich kenne das aus meinem Wahlkreis. Da stehen die Stadtwerke dahinter und fangen Defizite auf. Das ist ein mög- liches Modell. Eigentlich ist es zwar Ländersache – ich sage aus- drücklich »eigentlich« –, da für entsprechende Finanzierungs- möglichkeiten zu sorgen, aber speziell in diesem Fall bin ich der Überzeugung: Da muss auch der Bund helfen. Das tun wir ja mittlerweile. In meinem Wahlkreis wird nun ein Ersatzbad ge- baut, weil ich mich gekümmert habe, dass aus einem unserer Förderprogramme aus dem Bund mehrere Millionen Euro dort- hin gehen. Die Menschen vor Ort müssen da an ihre Kommunal- politiker herantreten, nur das hilft! 12 Lebensretter 4 . 2020 Wir fordern ja im Goldenen Plan auch einen runden Tisch, an dem alle, auch die Nutzer, sitzen und in den Entscheidungspro zess mit einbezogen werden. Wie ist da eigentlich der Stand? Jetzt im Moment ist, glaube ich, der falsche Zeitpunkt. Wir müs- sen zurzeit überhaupt erst mal schauen, wie ein Haushalt für das Jahr 2021 aussehen kann. Aus den genannten Förderprogram- men können auch Ersatzneubauten gefördert werden. Das heißt, jede Kommune, die sich entscheidet, ein altes marodes Bad ab- zureißen und durch ein neues zu ersetzen, hat eine Chance, in eine bis zu 90-prozentige Bundesförderung zu kommen. Nur, Sie haben es angesprochen, die Folgekosten sind das Problem. Da muss man mit den Ländern vielleicht auch noch mal reden, wie man da möglicherweise besser helfen kann. Denn das sind Sachen, die kann der Bund nicht leisten, weil es keine direkten g a t s e d n u B r e h c s t u e D : o t o F Dagmar Freitag bei der öffentlichen Anhörung der Sachverständigen im Sportausschuss im Januar 2020. Finanzbeziehungen vom Bund zu den Kommunen gibt – es muss alles immer über die Bundesländer laufen. Sie sagten einmal in einem Interview angesichts steigender Zahlen von Badetoten: »Wir können nicht länger zuschauen, dass immer mehr Kinder und letztlich auch Erwachsene ertrinken. Ertrinken ist etwas, was wirklich nicht sein muss und wir müssen feststellen, dass die Kinder in den Grund schulen schon nicht mehr schwimmen können.« Was machen wir da jetzt? Das würde ich heute so wiederholen. Wir sind dabei, an einer Aufstockung der Förderprogramme zu arbeiten. Wir können von Bundesseite nur mit Geld helfen. Wir können keine entsprechen- den Kräfte ausbilden. Bei uns geht’s um die Programme, dass möglichst viele Kommunen möglichst viel davon profitieren. Aber: Die Entscheidung, was die Kommunen beantragen, liegt nicht in unserer Hand. Deshalb wiederhole ich meinen dring- lichen Hinweis an Ihre Ortsgruppen: Machen Sie sich vor Ort in Ihren Gemeinden bemerkbar bei der Kommunalpolitik. Denn da wird entschieden, was gebaut wird. Angenommen, Sie besuchen nächsten Sonntag eine Gliede rung, die in Existenznot ist, weil es kein Schwimmbad mehr in der Umgebung gibt. Was würden Sie denen sagen? Ich würde sagen, dass das Problem bekannt ist und dass wir Möglichkeiten geschaffen haben, Ersatzneubauten für marode Bäder zu bezuschussen/zu unterstützen. Aber noch mal: Das Ge-